Praxis. Dr. Sebastian Hartmann

„… was ich hier aufgebaut habe, gebe ich nicht mehr auf!“

Tablets am Empfang und allen Behandlungsräumen, ein Kleiderschrank großer Serverkasten, der die gesamte Technik verbindet und ein warmes Lächeln des jungen Arztes, den man in Taufkirchen noch nicht lange kennt. In den Räumen der ehemaligen Praxis der Ärzte Richtmann und später Zepter in der Ortsmitte weht ein neuer Geist, mit dem sich die medizinische Versorgungssituation in der Gemeinde etwas entspannt. Seit Januar praktiziert Dr. Sebastian Hartmann in der Landshuter Straße 10 ½.

Zehn Jahre Erfahrung als Arzt, zuletzt in Wörth, davor am Kreiskrankenhaus Erding, bringt der 35-Jährige mit, daneben großen Elan, den er auch handwerklich, bei der Neugestaltung der Praxisräume auslebt und seine Begeisterung für die Vorteile der Digitalisierung für Arzt und Patient.

Ohne einen kleinen Unfall zu Pandemie-Zeiten wäre es allerdings nicht dazu gekommen, dass Taufkirchen einen neuen und jungen „Landarzt“, wie sich Dr. Hartmann selbst bezeichnet, bekommen hätte. Denn der leidenschaftliche Radfahrer stürzte bei einer seiner Touren in der Umgebung, kam mit Verdacht auf eine Ellbogenfraktur in das Erdinger Krankenhaus und traf dort auf die ihm vom Medizinstudium bekannte Chirurgin Miriam Kobeck. Im Nachhinein betrachtet, hatte Sebastian Hartmann damals doppelt Glück: Sein Ellbogen war nicht gebrochen und mit der Taufkirchenerin ist er seit 3 Jahren liiert. „Miriams Großeltern sind beide um die 90, ich bekam also schnell mit, wie angespannt die haus- und fachärztliche Versorgung in Taufkirchen ist. Und ich wollte mich selbstständig machen. Nach fast einem Jahr vergeblicher Immobiliensuche für eine erste eigene Praxis in Taufkirchen bekam ich Unterstützung seitens der Gemeinde und diese Lösung wurde gefunden“, erzählt der gebürtige Oberpfälzer bei einem Rundgang durch die renovierten Zimmer.

„Das letzte Jahr war etwas stressig“, denkt Dr. Harmann zurück, denn neben den Umbauarbeiten, zum Teil in Eigenleistung, hatte er mit hohen bürokratischen Hürden zu tun und brachte sich „nebenher“ und sogar im Urlaub IT-Fachwissen bei. Denn in Zeiten digitaler Krankschreibung und kurz vor Einführung des e-Rezeptes ist für ihn die „Papierlose Praxis“ eine Selbstverständlichkeit. „Auch für die Patienten hat es einen enormen Vorteil, wenn ich die digitale Patientenakte in wenigen Sekunden auf ein Stichwort, wie beispielsweise ein Medikament durchsuchen kann“, erzählt er begeistert vor dem blinkenden Serverschrank, der ihm und seinem fünfköpfigen Praxisteam die Arbeit erleichtert. Weniger zu tun haben sie alle deswegen nicht: 154 Anrufe gingen am Tag der Eröffnung bei ihm ein, fast die Hälfte davon konnte sein Team erst später beantworten, schließlich warteten schon pünktlich um acht Uhr die ersten Patienten vor der Türe.

Beworben wurde die Eröffnung nicht. „Ich will jeden Patienten kennenlernen und nicht einfach Rezepte ausstellen“, meint Dr. Hartmann zu möglichen Wartezeiten für Patienten, die seither ihren Hausarzt wechselten. Um ersten Missverständnissen entgegenzuwirken, hat er bald das Schild „Facharzt für Innere Medizin“ am Zaun abgeschraubt und gegen eine neues, mit der Aufschrift „Hausärztlicher Internist“ ausgetauscht. Nach sechseinhalb Jahren Medizinstudium und fünf Jahren Ausbildung zum Internisten praktiziert er nun als Hausarzt.

Diesen beruflichen Hintergrund hat nur ein kleiner Anteil der Hausärzte, vom Tätigkeitsbereich eines Allgemeinarztes unterscheidet ihn nichts. Erste Untersuchungen und Diagnosen, Überweisung zu Fachärzten, das Ausstellen von Rezepten und Krankschreibungen fallen darunter. Sobald der Neubau an der Gutswiese fertig ist, wird die Praxis dorthin verlegt. „Längerfristig soll diese Praxis keine Einzelpraxis bleiben, ich möchte mit ein oder zwei Kollegen arbeiten“, erzählt Sebastian Hartmann und hat dabei bereits Fachärzte, zugleich Wegbegleiter im Kopf, die er „aufs Land holen“ möchte. Ich komme aus einem tausend Einwohner Dorf bei Neumarkt in der Oberpfalz, für mich ist Taufkirchen eigentlich gar nicht „Land“, lacht er, weiß aber dennoch, dass der Herzug von Fachärzten nicht leicht zu bewerben sein wird.

Nach der kürzlich angekündigten Schließung des MVZ im Sparkassengebäude sind Dr. Hartmanns Bemühungen für die Vilsgemeinde umso willkommener. Dass er selbst hierbleibt, steht nach kurzer Zeit fest: „Landarzt in Taufkirchen ist der „letzte Beruf meines Lebens“. Für mich ist das hier jetzt schon Heimat, was ich hier aufgebaut habe, gebe ich nicht mehr auf“, blickt er in die Zukunft. _Fabian Holzner

Praxisinfo: Tel. 08084 5030581, www.praxis-dr-hartmann.com