Hotel Mama

Zu diesem Thema wurden schon Bücher verfasst und Filme gedreht. Und in manchen Familien kommt es täglich auf den Tisch wie die Butter oder die Kartoffeln. Nur schmeckt es vielen Menschen nicht so gut wie diese. „Hotel Mama“ heißt das Reizwort, und was dahinter steckt, das führt immer wieder zu endlosen Diskussionen mit einem zumeist schon vorhersehbaren Resultat: Der Hotelgast zieht nicht aus!

Irgendwie ist es ja schon ein Phänomen. Und offensichtlich eine Generationsfrage. Denn viele jener – zugegebenermaßen schon in biblisches Alter vorgestoßenen – -Generation, die mit Beatles oder Rolling Stones groß wurde und für die Dutschke kein Energy-Drink, sondern einer der Köpfe aus der 68-er Bewegung war, setzten manches und mitunter alles daran, um so früh wie möglich „auszuchecken“. Um aus dem als beengend empfundenen häuslichen Verband auszuscheren. Um endlich die Haare so lang und die Miniröcke so kurz wie möglich zu tragen.

Und heute? Da kann man einem volljährigen Sohn sogar ein Auto vor die Tür stellen, er kommt nicht auf die Idee, sich einfach reinzusetzen und davonzubrausen. Dem Abenteuer und einer eigenen Bude entgegen. Und da fängt es schon an. Sie suchen ja gar keine Bude mehr, diese Kinder von Microsoft und Ballermann. Wenn‘s denn schon sein muss, soll es wenigstens ein Appartement sein. Jakuza im Haus wäre auch nicht schlecht. Und das Sonnenstudio um die Ecke.

Die Devise lautet eher: Warum denn in die Ferne schweifen, wenn es doch zu Hause so praktisch ist. Man lässt sich sowieso schon seit Jahren nicht mehr dreinreden. Von wegen um Zwölf zu Hause sein. Wer glaubt, dass Teenager noch -interessiert, was ihre Eltern für die richtige Bekleidung halten, der sollte mal vor einer Schule den Schlussgong abwarten.

Der Spruch mit den Füßen unter dem Tisch und dem ganzen Rest, der ist zwar nicht aus der Mode gekommen, aber er interessiert keinen der Adressaten mehr. Denn die sind weiß Gott mit was anderem beschäftigt. Mit chillen, smsen oder shoppen. Und sie gehen von klaren Zuständigkeiten aus. Wäsche waschen, Zimmer aufräumen, Essen kochen, da vertrauen sie ganz auf die Erfahrung der elterlichen Generation.

Sie sind auch durchaus bereit, bei der Anschaffung eines neuen Fernsehers mitzureden. Schließlich soll‘s schon Plasma sein und nicht so ein mickriger Röhrenkasten. Aber Gartenarbeit? Ist nicht drin, schließlich ist gerade FIFA 2007 für die Playstation raus gekommen. Oder es müssen die neuesten Songs auf den MP3-Player geladen werden.

Schließlich haben diese Kinder doch schon was gelernt fürs Leben. Dass man nämlich Prioritäten setzen muss. Und bei denen sind nun mal Laub rechen oder Staubsaugen nicht dabei. Und ganz ehrlich: Es ist ja vielleicht nicht mal so sehr ihre Schuld. Wer versorgt denn bereits Teenies mit Handys, Computern und Erlebnisbad? Wer verzieht denn das Gesicht und kauft dann doch für viel Geld Löcher mit Jeans außen rum?

Eigentlich wäre es ein Armutszeugnis, wenn sie freiwillig aus dem Hotel Mama ausziehen würden. Solange der -Service gut ist, gibt es doch nicht wirklich einen Grund dafür. Außer vielleicht, dass man sich doch mal eines Tages entschließt, erwachsen zu werden. Oder einfach mehr Platz braucht. Die Wäsche kann man ja dann immer noch –vorbei bringen.

pebe