Ist es nicht jedes Jahr dasselbe? Abends macht man sich extra noch einen Knoten ins Taschentuch, legt sich vielleicht sogar noch einen Zettel auf den Tisch. Und dann stürmen am nächsten Morgen die Kinder ins Zimmer und schreien: „Wir haben verschlafen!“ Also im Schweinsgalopp ab in die Küche, die Brote geschmiert, den Kakao gekocht. Bis man dann das Radio einschaltet und der Sprecher erstens sagt, dass es 6 Uhr 15 ist, man also eigentlich noch einige Minuten schlafen könnte. Und dann, dass es der 1. April ist.
Zu spät. Wieder mal reingefallen. Wie die vergangenen 42 Jahre. Ältere Semester und insbesondere solche aus ländlicheren Gegenden kennen sicher noch diesen Klassiker: Versehen mit einem Geldstück wurden ganze Heerscharen von Kindern in Apotheken oder sonst wohin geschickt, um ein halbes Pfund „Ibidumm“ zu kaufen. Und hatte man dann begriffen, dass man ganz schön dumm gewesen war, dann sollte man im nächsten Jahr eine Packung „Haumiblau“ besorgen oder vielleicht zehn gerade Haken, ein Hahnenei, gedörrten Schnee oder schwarze Kreide holen.
Doch während alle Jahre wieder auch offene „Hosentürl“, angeblich platte Reifen oder das vermeintliche Klingeln an der Haustür herhalten müssen, um Zeitgenossen „in den April zu schicken“, machten sich andere Leute viel Mühe. Zum Beispiel beim WDR.
Der präsentierte nämlich seiner staunenden Hörerschaft eine Sensation ohnegleichen: Die Uraufführung einer Schubert-Messe in C-Dur für Soli, Chor und Orchester, die unter abenteuerlichen Umständen aufgetaucht und bisher gänzlich unbekannt war. Das Opus ließ keinen Zweifel zu, dass die Werksverzeichnisse und die Biografien Schuberts umgeschrieben werden mussten. Doch es war der 1. April. Und die Rundfunkmacher hatten keine Kosten und Mühen gescheut, das Werk in Schubertscher Manier komponieren und dann von Solisten, Chor und Rundfunkorchester aufführen lassen.
Weniger aufwändig und schon Usus sind Meldungen in Tageszeitungen zum 1. April, über die dann am 2. April gelacht werden darf. So hat beispielsweise die Stuttgarter Zeitung vor zwei Jahren im großen Stil berichtet, dass Aldi plane, in den Filialen Benzin zu verkaufen. Doch während noch mancher die Fahrtroute zum nächsten Aldi festlegte, war schon der 2. April.
Wie dieser Brauch entstanden ist, darüber gibt es übrigens verschiedene Mutmaßungen. So gab es im alten Rom am 1. April ein Fest zu Ehren der Göttin Venus, bei dem nicht nur Orgien gefeiert wurden, sondern auch Neckereien der Brauch waren. Eine andere These sieht den Ursprung in der Reformierung des Gregorianischen Kalenders durch König Karl IX., der das bis dato am 1. April gefeierte Neujahrsfest auf den 1. Januar verlegte. Wer die Veränderung nicht gleich kapierte, war halt ein Aprilnarr.
In Bayern tauchte die Redensart „jemanden in den April schicken“ jedenfalls Anfang des 17. Jahrhunderts auf und ist bis heute volkstümliche Tradition. Der Brauch bayerischer Politiker, die Bürger auch während des Jahres in den April zu schicken, wurde sogar mit Genehmigung der Bayerischen Staatskanzlei von einem Mitarbeiter des Bayerischen Rundfunks übernommen. Jetzt ist für Karl Auer aus Rotthalmünster jeder Tag ein 1. April. pebe