Ausweichmanöver

Ja, man tut ihnen manchmal schon Unrecht, den Politikern. Wurde doch zum Beispiel allen Ernstes behauptet, dass Bundesverkehrsminister Stolpe sein tolles Toll Collect-Programm trotz aller Entwicklungspannen nur deshalb durchgezogen habe, damit dem Ministerkollegen Eichel anständig was in die leeren Kassen gefahren würde.

Wer in Taufkirchen und damit neben der erfrischend dahinplätschernden Vils wohnt, kennt die ganze Wahrheit. Es ging gar nicht ums Geld. Es ging vor allem darum, dem deutschen und unvermeidlich auch manchem ausländischen Autofahrer wieder mehr Vergnügen zu gönnen. Und etwas weniger Frustration. Wer vierzigtausend und mehr Euros hingelegt hat, um mindestens 175 muntere Pferdchen unter der Motorhaube seines bestens Stückes galoppieren lassen zu können, der litt immer mehr auf Deutschlands Autobahnen.

Das mehr oder minder letzte Land auf diesem Planeten, in dem es keine Geschwindigkeitsbeschränkung auf den Highways gibt. Und dann mit 90 Stundenkilometer dahinkriechen, weil mal wieder so ein höchstwahrscheinlich gestohlener polnischer Lastwagen, der EU-unterstützt bayerische Kühe in Süditalien abgeholt hat, unbedingt einen zwar nicht gestohlenen, aber noch langsameren holländischen Lastwagen mit Gurken oder Tomaten überholen muss. Nicht wenige Fahrer von rautengemusterten, sterngeschmückten oder fünffach beringten Automobilen mit Navi saßen schon in den Wartezimmern der Psychiater.

Doch zum Glück kam Manfred. Ja, Stolpe hat‘s gerichtet mit seiner Lkw-Maut. Sein Plan war so einfach wie genial. Konnte sich ja schließlich jeder und damit auch er denken, dass die Spediteure versuchen würden, der Maut zu entgehen. Also runter von der Autobahn und beispielsweise auf der B 15 vom südlichen Süden der Republik bis an die niederbayerisch-tschechische Grenze vorgestoßen. Spart Geld. Dem Spediteur.

Und macht die Autobahnen wieder frei. Für alle Platzhirsche hinter dem Lenkrad deutscher Qualitätslimousinen und in- sowie ausländischer Sportwagen. München – Hamburg? Locker jetzt wieder in 6 1/2 Stunden. Dieses Vergnügen ist es doch wert, dass dann an der schönen Vils, entlang eines neuen Lkw-Trampelpfades, die Häuser Risse sowie ihre Bewohner Kopfschmerzen und wegen andauernder Schlaflosigkeit Nervenkrisen bekommen.

Dass das Lkw-Verkehrsaufkommen jenseits der Autobahnen teilweise immens und auf zwei Strecken sogar um mehr als 70 Prozent gestiegen ist, das hat sogar schon das bayerische Innenministerium mitbekommen, obwohl das ja gar nicht an der B 15 liegt. Weshalb der Günther Beckstein auch schon über eine Ausweitung der Maut auf Bundesstraßen, die als Ausweichrouten in Frage kommen, nachdenkt. Ganz offensichtlich hat er schon von Stolpe gehört und will jetzt auch freie Fahrt für freie Bürger auf den Bundesstraßen. Bloß – wohin dann mit den LKW‘s?

Vielleicht kommt ja doch noch jemand auf die glorreiche Idee, dass man zumindest die Ortsdurchfahrten entlasten könnte. Wie wär‘s denn mit Umfahrungen …? Bis es so weit ist, kann man Lkw-Maut-Geschädigten nur eines raten: Kauft euch ein Auto mit genug PS unter der Haube und lasst es auf den Autobahnen mal wieder so richtig schön dahinrauschen. Das entschädigt dann wenigstens ein klein wenig für die Kopfschmerzen, den Gestank, für Schlaflosigkeit und Risse in der Hauswand.    pebe