Aus erster Hand

Jetzt kommt er wieder, der Herbst. Mit seinen bunten Blättern an den Bäumen und den abgeernteten Feldern. Den Nebelschwaden am Morgen, dem behaglichen, flackernden Feuer im schwedischen Kaminofen am Abend.

Und den Bürgerversammlungen.

Mit denen scheint es ein bisschen so zu sein wie mit kulturellen Veranstaltungen. Wenn es dort nichts zu essen und zu trinken gäbe, würden wahrscheinlich noch weniger Leute hingehen. Was zwar schon eine verständliche menschliche Einstellung ist, denn schließlich muss man sich ja nicht mehr zurückhalten als unbedingt notwendig. Denn zwei, drei Stunden ohne Nahrungsaufnahme, das kann schwerwiegende gesundheitliche Probleme nach sich ziehen.

Doch da gibt es noch einen Aspekt, der vielleicht doch nicht so ganz zu vernachlässigen ist. Denn die Bürgerversammlung, auch wenn sie manchmal etwas länger dauert, ist schließlich ein handfestes basisdemokratisches Instrument, das wenigstens noch die Möglichkeit bietet, auch mal seine eigene Meinung zu sagen. Eine Bürgerversammlung könnte Auslöser sein, dass vielleicht sogar eine anvisierte oder bereits gefällte kommunalpolitische Entscheidung noch mal überdacht wird. Schließlich soll es ja noch Politiker und damit Bürgermeister und Gemeinderäte geben, die so über den Dingen stehen, dass sie zugeben können, wenn sie sich in ihrer Einschätzung etwas verschätzt haben.

„Kommunen errichten, verwalten und unterhalten die wirtschaftliche, soziale und ökologische Infrastruktur, überwachen den Planungsablauf, entscheiden über kommunale Umweltpolitik. Als Politik- und Verwaltungsebene, die den Bürgern am nächsten ist, spielen sie eine entscheidende Rolle bei der Informierung und Mobilisierung der Öffentlichkeit und ihrer Sensibilisierung für eine nachhaltige Entwicklung.“

So steht es in der Agenda 21, im Kapitel 28.1., und eine Bürgerversammlung ist genau der richtige Orte für nachhaltige Entwicklungen. Schon im alten Rom oder in den jungen Vereinigten Staaten von Amerika kam der Bürger hier dazu, auch mal zu sagen, was er schon immer mal sagen wollte. Und sich vor allem über all das zu informieren, was er sonst nur als Second Hand-Nachricht beim Krämer um die Ecke erfahren konnte oder mühsam in der Zeitung nachlesen musste.

Hier ist vielleicht auch der Moment, um eine Bitte an Kommunalpolitiker zu richten: Abgesehen von Einzelfällen ist es für die Bürgerinnen und Bürger einer Gemeinde nicht so rasend spannend zu erfahren, was im vergangenen Jahr für Kopierpapier ausgegeben wurde. Viel prickelnder ist es, etwas über anstehende Projekte zu erfahren.

Und dann noch ein Vorschlag. Wie wär‘s denn mal mit einer Bürgerversammlung mit Kinderbetreuung. Dann würden möglicherweise sogar Frauen entsprechend ihrem Bevölkerungsanteil daran teilnehmen. Wenn wir jetzt schon – aller Voraussicht nach – eine Bundeskanzlerin haben, da dürfen Frauen bei Bürgerversammlungen einfach nicht fehlen. Das Schlusswort geht deshalb an alle BürgerInnen und ist ausnahmsweise mal ganz kurz:

Hingehen!            pebe