Von markant zu eurotisch

„Nach
der Währung …“
– ich kann mich noch gut an diese
Worte erinnern, mit denen in den fünfziger Jahren und auch
später noch viele Sätze begannen, wenn es um wirtschaftliche
Verhältnisse ging. Mit „der Währung“
war eine bedeutsame Zeitmarke gemeint, der 21. Juni 1948, als die
Währungsreform den Menschen in Deutschland die Einführung
der D-Mark bescherte. 40 Mark gab’s pro Kopf und Nase. Nicht gerade
üppig, denn über Nacht waren die vorher leeren Regale
in den Geschäften gefüllt und alles konnte wieder ohne
Bezugsscheine gekauft werden. Die Sparer, ob Strumpf oder Konto,
hatten allerdings das Nachsehen: Mindestens eins zu zehn wurde die
Reichsmark abgewertet. Kein Wunder, dass sich das Datum dieser vorletzten
Währungsreform als Kürzel in den Köpfen der Bevölkerung
festsetzte.

Kein einschneidender Vorgang, eher ein sanftes Hinübergleiten
dagegen die Einführung des Euro am 1. Januar 2002: Tage vorher
schon Starterkits für 20 Deutsche Mark, soviel man wollte,
die Geldautomaten spuckten nagelneue Scheine aus, solange der Vorrat
reichte, die Halbierung des Kontostandes lag nur am Umrechnungsfaktor
eins-komma-neun-fünf-fünf-acht-drei.

Jetzt, einen Monat später, ist man fast schon
an die neue Währung gewöhnt, die Länge der Warteschlangen
an den Kassen beträgt wieder Normalmaß. Manche Hausfrau
überlegt noch kurz, ob der Preis von 1,99 € für einen
Blumenkohl angemessen ist. Ich selbst zögere bei einer Zeche
von 17Euro und 40 Cent beim Trinkgeld: 18 € …? Knickrig.
19 € …? Widerstrebt mir, so knapp am Runden. 20 € …
über fünf Mark …? Großkotzig …

Beim Griff ins Portemonnaie hat sich das Münzumdrehen
gelegt. Der Kupferwinzling, der Cent, ist jetzt als kleinste Einheit
im Vergleich zum Pfennig doppelt so viel nichts wert. Das Fünferl
dokumentiert nun auch farblich, dass es in der Schafkopfrunde nichts
verloren hat – oder spielt jemand 5 – 20?

Neu dazu gekommen ist das Zwanzgerl. Die 1 €-Münze
und der Zwickel, der uns bleibt, sehen in ihrer glitzernden Zweifarbigkeit
eurotisch aus, werden aber Nostalgikern noch lange nicht das Markl
ersetzen. Dafür ist eine neue Sportdisziplin entstanden: Wer
ergattert die meisten Münzen, mit ihren unterschiedlichen nationalen
Rückseiten, der anderen Euroländer? Österreich zählt
nicht – ich meine beim Sammeln.

Einzig der Fünfer wird uns fehlen. Mit meinem
letzten Exemplar habe ich ein Pfund Vollkornbrot gekauft – und 57
Sssent gold- und rotglänzendes Wechselgeld zurück bekommen.
Nur im Sprachgebrauch wird er uns noch eine Weile erhalten bleiben:
Als „falscher Fünfer“. Womit vielleicht in Zukunft
Zeitgenossen gemeint sind, die uns ein DM für ein € vormachen
wollen …
(sm)