Ein haariges Thema

Auch wenn mancher vielleicht findet, dass das nun doch etwas an
den Haaren herbeigezogen ist: Irgendwie drängt sich derzeit
durch das unübersehbare sanfte Sprießen in der Natur
das Thema „Haare“ geradezu
auf. Sei es, weil sie eben nicht mehr sprießen. Oder vielleicht
an Stellen, die nicht gerade im Einklang mit einer sommerlichen
Bekleidung sind.

War es in den zurückliegenden Wintermonaten nicht so, dass von
Vertreterinnen des schönen Geschlechts mancher, eigentlich dringend
notwendige Besuch beim Frisör hinausgeschoben wurde, weil die Haartracht
zwar schamhaft aber wirksam unter Mützen, Hüten und anderen
politisch korrekten Kopfbedeckungen verborgen werden konnte? Und mancher
Vertreter der Spezies „Herren der Schöpfung“ hat womöglich
mit Entsetzen festgestellt, dass offensichtlich und vermutlich aufgrund
mangelnder Sonneneinstrahlung aus dem zugegebenermaßen schon vorher
etwas schütterem Haar nun fast schon ein ausgewachsener Helikopterlandeplatz
geworden ist.

Es führt also kein Weg mehr daran vorbei: Spätestens mit
den ersten Gedanken an Frühjahr und Sommer muss man sich der nackten
Wahrheit stellen. Und die ist beispielsweise für Männer – einmal
abgesehen von ewiggestrigen Anhängern brauner Vergangenheit – umso
grausamer, je weniger Haare „Mann“ auf dem Kopf hat. Denn
für einen Mann macht es schon einen elementaren Unterschied, ob
er auch mal lässig mit dem „Finger-Kamm“ durch das leicht
lockige Haar fahren kann. Oder seine Base-Cap den ganzen Sommer über
aufbehalten muss, weil sonst das jugendliche Image trotz der Sneakers
mit den angesagten Streifen Schaden nehmen könnte.

Komme jetzt keiner und behaupte, das sei Haarspitzenspalterei. Hatte
man nicht schon einmal gute Chancen ins Kittchen zu wandern, nur wenn
man behauptete, dass ein maßgebliches Regierungsmitglied eigentlich
graue Haare habe. Und das war wohlgemerkt ein Mann. Bei Frauen kann die
Katastrophe sogar schon mit einem Haar beginnen. Wer hat noch nicht einen
jener Schreie aus dem Badezimmer gehört, die das Blut in den Adern
gefrieren lassen. Weil „Frau“ ein einziges graues Haar gefunden
hat. Kommt ein solcher Schrei vom Kleiderschrank her, ist es allerdings
wahrscheinlicher, dass selbige Frau wohl eher ein blondes Haar gefunden
hat. Nämlich auf dem Sakko des Mannes.

Spätestens an dieser Stelle dürfte wohl jedem klar sein,
dass das Thema Haare eigentlich ganzjährig ganz oben auf der Agenda
stehen müsste. Denn wer in einem solchen Fall dann auch noch eine
treu sorgende Gattin an seiner Seite weiß, die Haare auf den Zähne
hat, der kann sich dann wirklich nur noch die Haare raufen. Sofern vorhanden.

Ob nun Rapunzel dank ihrer Haarpracht zu einem gesunden Sexualleben
kam oder die Alt-Rocker ZZ-Top zur langjährigen Karriere im Musik-Business,
es ist geradezu haarsträubend, wie sehr unser privater, aber auch
beruflicher Werdegang oft an einem respektive mehreren Haaren hängt.
Doch selbst wenn die Frisur weder in Mailand noch in New York sitzt,
man muss sich deswegen trotzdem keine grauen Haare wachsen lassen.
Erstens kann es trösten, dass ja immer irgendjemand ein Haar in
der Suppe findet. Und außerdem kann man hierzulande mit einer gewöhnungsbedürftigen
Frisur ja zumindest noch Kanzler(in) werden.

pebe