Mittelalter

Die Fakten müssen wohl nicht mehr aufgezählt werden, sie sind weitgehend ebenso bekannt wie die Tatsache, dass das Jubiläum des altehrwürdigen Wasserschlosses von einem Programm begleitet wird, das beste Gelegenheit bietet, einmal eine Zeitreise ins Mittelalter zu machen.

Bei der man vielleicht dann auch mal das Smartphone zu Hause lassen und auf das Auto verzichten sollte. Ein Fußmarsch wäre sicher eine gute Einstimmung auf dem Weg in die Vergangenheit, vorausgesetzt, man wohnt nicht in Eggenfelden oder Rosenheim. In diesem Fall wäre es natürlich sinnvoller, zumindest stilecht auf ein Pferdegespann oder eine Kutsche umzusteigen.

Doch wie auch immer man sich auf den Weg zum Wasserschloss macht, die Zeit dafür sollte man nutzen, um sich von dem einen oder anderen Klischee zu befreien, das diese Epoche dank fantasievoller Romanautoren und Regisseure umflort. Denn während bei denen die Bauern und niederen Stände am liebsten in Lumpen rumlaufen und sich eine karge Suppe aus Rinden kochen, sah das wirkliche Leben damals nicht nur für den Adel oder den Klerus durchaus etwas anders aus.

Es gibt nämlich ausgesprochen seriöse Quellen, laut derer im 13. Jahrhundert zum Beispiel Fleisch das Hauptnahrungsmittel war. So sollen auch Dienstboten oder Mägde und Knechte an die 100 Kilo Fleisch im Jahr verzehrt haben. Bevorzugt Schwein, aber auch Geflügel oder Fische und durchaus delikat gewürzt.

Brot war zwar noch nicht so geläufig, es wurde damals bevorzugt Grütze gegessen, die dann aber gerne mit einem Bierchen oder Wein runtergespült wurde. Was ebenfalls nicht den vornehmen Leuten oder einer Toskana-Fraktion vorbehalten war. Auch wenn für den einfachen Mann von der Straße oft nur der Tresterwein blieb, also sozusagen die dritte Pressung, Wein gab es nicht nur an Ostern oder wenn Besuch kam, er wurde außerdem als gesundheitsfördernd angesehen.

Und wenn auch nicht mehr die Wasserversorgung existierte, wie sie zum Beispiel das alte Rom kannte, schon im Mittelalter gab es Badehäuser, und sie wurden auch benutzt. Zugegeben, viele Menschen haben wohl eher nach geräuchertem Hering – auch schon auf den Märkten des Mittelalters zu kaufen – gerochen als nach Körperdeodorant. Aber das lag vor allem an den offen Feuerstellen, auf denen damals noch in allen Häusern gekocht wurde.

So dürfen wir uns für die Zeit des Entstehens rund um das Wasserschloss ein durchaus buntes und bisweilen auch sicher fröhliches Treiben vorstellen. Schließlich war das Klima noch mild, die Zwischeneiszeit mit Hungersnöten und Pestilenz waren noch in einiger Ferne. Und das Volk wurde noch nicht von Finanzkrisen in südeuropäischen Ländern beunruhigt, es gab keine endlosen Autoschlangen und kein DSDS.

Und selbst die Mär von den armen, rechtlosen Menschen des Mittelalters ist nicht so ganz richtig. Auch wenn nicht jeder die Möglichkeit hatte, seinen Nachbarn wegen herunterfallenden Laubes zu verklagen, es gab ein Gewohnheitsrecht, an das sich viele zu halten hatten, und der sogenannte Sachsenspiegel war quasi das erste Gesetzbuch.

Allerdings soll jetzt hier auch kein allzu romantisches Bild vom Mittelalter gezeichnet werden. Schließlich wurden zum Beispiel Lebensmittelfälschern schon auch mal die Augen ausgestochen. Was ja heute nun wirklich nicht mehr üblich ist, wie wir aus jüngster Zeit wissen.

pebe