Spickzettel

Als erstes muss man da natürlich an die Schulzeit denken. Wenn Schulaufgaben geschrieben wurden und das aktuelle Wissen mal wieder nicht so ganz den Erfordernissen entsprach. Hatte man da nicht den richtigen Banknachbarn, gab es nur noch eine Lösung. Und die hieß Spickzettel! Das hat sich zwar meistens auch nicht gerade als die optimale Lösung herausgestellt, war aber oft einen Versuch wert.
Also wurde beispielsweise am Vorabend des Schicksalstages möglichst viel Wissen auf einen möglichst kleinen Zettel geschrieben, manchmal so klein, dass man es am nächsten Tag selber kaum noch lesen konnte. Das war dann vielleicht auch gar nicht nötig, weil sich der liebe Herr Lehrer ausgerechnet auf eine Bank in der Nähe quetschte und die ganze Stunde nichts anderes zu tun hatte, als einen im Auge zu behalten.
Wichtig war natürlich die Kleidung. Hosen mit Aufschlägen zum Beispiel. Die gab es einst und sie waren damals sogar der letzte Schrei. In so einem Aufschlag hatten selbst mehrere Spickzettel Platz. Als weniger empfehlenswert entpuppten sich in einem konkreten Fall hingegen Hemdenärmel. Da war zwar erst einmal alles wunderbar gelaufen, doch dann spielte die Erleichterung dem Schüler einen Streich. Wer einen Spicker im Ärmel hat, sollte halt nicht mit den Armen schlenkern. Die holde Weiblichkeit war und ist da zu beneiden. Was da unter dem Rocksaum schlummert, darf einen Lehrkörper nicht wirklich interessieren.
Aber es soll natürlich nicht unterschlagen werden, dass es auch Spickzettel gibt, die durchaus ehrenwert und stets sinnvoll sind. Es wird nämlich mitunter sogar von Lehrern geraten, sich welche zu schreiben. Das könne zum Beispiel beim Lernen von Vokabeln durchaus hilfreich sein.
Was mit Sicherheit nützlich ist, das sind Spickzettel, die als ganz offizielle Gedächtnisstütze dienen, für eine Telefonnummer zum Beispiel. Die nur manchmal den Nachteil haben, dass man nicht mehr weiß, wo man sie hingelegt hat. Oder die ganz einfach vom Winde verweht werden.
Weshalb dann ein findiger Kopf die „post it“-Zettel erfunden hat. Aber auch die sind nicht immer die optimale Lösung. Denn es ist ja schön, dass man diese Spickzettel der zweiten Generation irgendwo hin kleben kann, am besten in Augenhöhe. Der Nachteil ist, dass sie manchmal auch dort festkleben, wo sie gar nicht kleben sollen. Und dann auch verschwunden sind.
Was mit den Spickzetteln der Moderne so nicht passieren kann. Denn heutzutage erfüllen auch Handys, MP3-Player und Konsorten diese Aufgabe. Wohl dem der lange Haare hat. Da fällt es vielleicht gar nicht auf, wenn er einen Mann respektive einen Knopf im Ohr hat.
In Zeiten des Cyberspace ist es auch wenig verwunderlich, dass es im Internet zig Web-Seiten gibt, auf denen erklärt wird, wie man am besten „spickt“. Besonders viel versprechend: Mit einem speziellen Stift alles Notwendige notieren. Sehen kann man das Geschriebene dann nur unter UV-Licht, das findige Schüler in einem Kugelschreiber integriert haben. Sodass der Lehrer nur ein weißes Blatt sieht solange die Lampe aus ist. Man darf halt nur nicht den falschen Knopf zur falschen Zeit drücken.
Und außerdem sind das doch alles Beispiele dafür, wie man es natürlich nicht machen soll – und auch nicht mehr braucht. Denn es gibt sicher kaum noch Schüler, die spicken nötig haben …
pebe