Sorgen für den Nachwuchs

Eine latente Hysterie ist man ja schon gewohnt. Doch bei diesem
Thema bekam sie eine neue Qualität. Die Fernsehteams hatten
es sich gerade erst so richtig gemütlich gemacht vor der
Berliner Grundschule, deren Lehrer sich wegen der Gewalttätigkeit
ihrer Schüler und aufgrund eigener Hilflosigkeit an die Öffentlichkeit
gewandt hatten, da plädierten manche Politiker schon für
Maßnahmen, die einem vorkamen wie die Fortsetzung der angeprangerten
schulischen Gewalt auf derselben geistigen Ebene. „Draufhauen“ hieß die
Devise.

Dass das Klima an den Schulen hierzulande allgemein rauer
geworden ist und an wohlgemerkt einzelnen Schulen der Alltag
durchaus schon eine gewisse Ähnlichkeit mit einschlägigen
PC-Spielen aufweist, das ist nicht neu und vor allem „hausgemacht“.
Ausgrenzung und Abgrenzung schafft „Problemgruppen“.
Egal wer sie zu verantworten hat -falsche Politik und latente Xenophobie
oder Eltern von Migrantenkindern.

Das Fazit aus den Jahrzehnte andauernden
Aktivitäten auf der
Versuchsbühne Integration und auf dem Schlachtfeld Jugendarbeit:
Es genügt einfach nicht, Sushi zu essen und Döner toll
zu finden, die Sprache der „Kids“ und ihre SMS-Abkürzungen
zu übernehmen, ihre Interessen und Idole zu vermarkten und
Jugendtreffs zu beargwöhnen. Da muss was anderes geschehen.
Und schon bevor sich die Medien dafür interessieren.

Vielleicht
könnte ein Kinder- und Jugendhaus eingerichtet
und gebaut werden, wie jetzt in der Vilsgemeinde. Damit Kinder,
deren Eltern den ganzen Tag arbeiten, nicht auf der Straße
rumhängen müssen, sondern eine Anlaufstelle haben.
Wo sie dann zum Beispiel Mahlzeiten bekommen, ihnen jemand bei
den Hausaufgaben auf die Finger schauen und auch helfen kann.
Ein Haus, in dem Kinder und Jugendliche zum Beispiel erfahren
können,
dass es noch etwas anderes gibt als Fernbedienungen fürs
TV-Gerät
und den Einschaltknopf für den PC.

Das aber gleichzeitig
auch vermittelt, dass nicht ein „all-inclusive-Paket“ die
Forderung der Stunde ist sondern Initiative zur Eigeninitiative.
Einfacher ausgedrückt: Angebote für Kinder und Jugendliche
sollten kein vorgekautes Fast-Food-Brötchen sein, sondern
eher die Anleitung zum selber Backen. Und die Eltern könnten
auch mit in die „Küche“. Wer schon einmal mit
Kindern und Jugendlichen gearbeitet hat, der weiß, was
da für ein Potential steckt.

Wer schon mit Kindern und Jugendlichen
gearbeitet hat, der weiß natürlich
auch, dass es Fälle gibt, wo vieles überhaupt nicht
fruchtet. Für die muss man sich was anderes einfallen lassen.
Die schlechteste aller Ideen ist jedoch zu warten, bis Fernsehteams
vor einer Schule ihre Kameras aufgebaut haben.

Was hier in Taufkirchen
entstanden ist, dieses Kinder- und Jugendhaus mit Kindertagesstätte,
Mittags- und Nachmittagsbetreuung, Schülertreff und Elternbereich,
und den Zielen, Angebote und Einrichtungen zu vernetzen, Eigenverantwortlichkeit
bei Kindern und Jugendlichen und den Eltern zu fördern,
ist ein Projekt, von dem man jetzt natürlich noch nicht
sagen kann, ob und in welchem Umfang es den gewünschten
Effekt haben wird. Aber es ist ein Weg, der die so wichtigen
Verbindungen schafft – zu Kindern und Jugendlichen, zu den Eltern.
Und keine Einbahnstraße,
die manche Politiker so gerne mit ihren drakonischen Maßnahmen
zupflastern würden.

pebe