Kreislauf der Natur

Jetzt sind auch die letzten Äpfel und Birnen erntereif, ein paar vereinsamte Himbeeren kann man noch am Strauch finden, Kürbisse schmücken nicht nur manche triste Landstraße, sondern auch Haustüren oder sind schon im Topf gelandet. Und beim Bäcker wird man vom Duft der Kirchweihnudeln begrüßt.

Es ist also wieder einmal nicht zu leugnen, auch wenn man sich eher noch ein paar warme Sonnentage herbeisehnt, es ist die dritte Jahreszeit gekommen. Weshalb auch die Morgennebel wieder übers Land wabern und fast überall die Felder abgeerntet sind.

Die Blätter an Bäumen und Sträuchern verfärben sich jetzt in vielen Tönen, fallen teilweise schon zu Boden, und je nackter sich Baum und Strauch zeigen, desto näher kommen die Monate, in denen die Natur, dann eher in Grau und mitunter auch in Weiß gekleidet, einen tiefen Winterschlaf zu halten scheint.

Doch dieses Bild trügt. Denn während der Mensch im Herbst bevorzugt in Kübeln und großen Säcken auch noch das letzte Laubblatt und das Fallobst aus den Gärten zu den Recyclinghöfen transportiert, im Gegenzug seinen Müll bei Ausflügen oder auf der Rückfahrt von einem Fast-Food-Drive-In gerne auch mal der Natur überläßt, hat diese die Eigenart, mit Laub, Fallobst und allem anderen, was im Herbst auf dem Boden landet, etwas sehr sinnvolles anzustellen. Wobei die meisten bei dem Wort ‚verrotten‘ eher an Zerstörung denken.

Man könnte jetzt natürlich mit Begriffen wie Stoffeinträge oder Mangelfaktoren vortäuschen, dass man genau wüsste, wie Ökosysteme funktionieren. Oder einfach neidlos an­erkennen, dass das ein wahres Wunder ist, was da passiert. Denn während sich die Menschheit erst in der jüngeren Zeit und zumeist am liebsten mit Absichtserklärungen mit Ökosystemen und Nachhaltigkeit beschäftigt, hat die Natur das schon immer auf dem Schirm.

Wenn der Mensch nicht vielerorts damit beschäftigt wäre, Böden zuzupflastern und zu asphaltieren, würde das ja im Großen und Ganzen auch jetzt noch wunderbar funktionieren. So aber muss man beispielsweise in den Bayerischen Wald fahren, um staunend zu sehen, wie üppig ein Wald wachsen kann, wenn der Mensch ihn in Ruhe lässt.

Man kann sich das allerdings auch CO2-neutral zu Hause auf einem Bildschirm anschauen und die Zeit statt mit Autofahren dazu nutzen, um einmal ernsthaft darüber nachzudenken, ob sich nicht auch der Mensch mit seinem Verhalten an der Natur orientieren könnte.

Also nicht nur Müll zu trennen und Papiertüten für die Shopping-Touren zu verwenden und sich ganz fest vorzunehmen, nächstes Jahr zumindest ein Wochenende in Rom, Paris oder New York zu streichen. Sondern jetzt gleich die halbe Pizza von gestern Abend noch einmal aufzuwärmen, anstatt sie wegzuschmeißen. Kleidung erst zu ersetzen, wenn sie wirklich nicht mehr tragbar ist. Und so weiter.

Denn es ist nicht so sehr die Frage, ob wir einem Ökosystem gemäß leben – wie auch immer das definiert ist. Es ist vielmehr die Frage, ob wir unseren Kindern und deren Kindern einen bewohnbaren Planeten hinterlassen und uns vom Kreislauf der Natur eine richtig große Scheibe abschneiden wollen.

Kirchweihnudeln kann es ja trotzdem geben.

pebe