Wenn die Hochzeitsglocken läuten

Es soll ja Menschen geben, die sich eigens einen Termin­kalender anlegen. Damit sie genau planen können; damit es zu keinen Überschneidungen kommt. Zu keiner anderen Jahreszeit ballen sich schließlich auf relativ kurzem Zeitraum so viele Hochzeiten wie im Sommer. Beginnend zumeist mit dem Wonnemonat Mai und weit bis hinein in den goldenen Herbst.

Für Außenstehende und vor allem in ländlichen Regionen insbesondere daran erkennbar, dass im innerörtlichen Bereich unverhofft Dutzende Autos mit auswärtigen Kennzeichen geparkt haben. Im konkreten Fall sogar rund um ein idyllisch gelegenes Wasserschloss, nämlich jenem von Taufkirchen an der sanft plätschernden Vils. Hierbei handelt es sich dann zumeist um den offiziellen Teil einer Hochzeit, die Trauung im Standesamt.

Die natürlich kaum einer der geladenen Gäste versäumen möchte, ist es doch einer der Momente, in denen erfahrungsgemäß die ersten Taschentücher gezückt werden können. Und außerdem jenen Menschen, die in diesen Tagen nicht zu irgendeiner Hochzeit eingeladen werden, Gelegenheit gibt, wenigstens in irgend einer Form an einem solchen Ereignis zu partizipieren.

Und manchmal hat man ja fast den Eindruck, dass von einer Hochzeit alle anderen mehr begeistert sind als das Brautpaar selbst. Insbesondere zu etwas fortgeschrittener Stunde, wenn die pure Fröhlichkeit das Zepter über die geladene Gesellschaft übernommen hat, wie nicht wenige Fotos von Hochzeitsfeiern dokumentieren. Dabei versprechen doch vor allem alle Wirtschaftszweige, die mit der Ausrichtung und Realisierung von Hochzeiten beschäftigt sind, dass dies der schönste Tag im Leben junger und natürlich auch etwas älterer Menschen wäre.

Was sich dann im Ergebnis nicht immer so ganz erfüllt. Aber zumindest werden die Vorbereitungen zur stressigsten Zeit im Leben junger und natürlich auch älterer Menschen. Vorausgesetzt, dass zuletzt genannte nicht schon die vierte oder fünfte Hochzeit feiern und auf eine gewisse Routine bauen können. Alle anderen Brautpaare erleben die Vorbereitungszeit eher wie eine schwere Prüfung, mit der sie nicht gerechnet hatten.

Selbst Frauen, die Jahr und Tag am liebsten in Jeans und vielleicht gerade einmal einer lässigen Tunika rumlaufen, sollen jetzt und aus dem Stand modisch fit sein wie Herzogin Kate und möglichst auch noch deren Figur haben. Während Männer wieder einmal besser dran sind, schließlich ist ein schwarzer Anzug nie ganz falsch. Wenn sie im ländlichen Bayern leben, tun es sogar Lederhose und Janker, er kann sich also anziehen, als wäre Volksfest.

Und, das muss auch gesagt werden, der Trend geht bei Hochzeiten immer mehr hin zum absoluten Event. Schließlich sollen ja die Bilder, die dann auf Facebook gepostet werden, etwas hermachen. Worüber auch mancher Pfarrer klagt, lassen sich doch inzwischen wieder mehr Brautpaare auch kirchlich trauen. Aber nicht unbedingt, weil sie Gottes Segen haben wollen, sondern weil es in Kirchen eben oft so romantisch ist.

Doch während wegen des Eventcharakters die Kosten für eine Hochzeit oft geradezu für Albträume sorgen können, sollten sich Brautpaare von einer Zahl keinesfalls abschrecken lassen: Dass annähernd 40 Prozent aller Ehen früher oder später geschieden werden. Es besagt doch nur, dass mehr als jede zweite Ehe ein Leben lang hält.

pebe