Jetzt mal abgesehen von den schrecklichen Ereignissen,
die uns in den letzten Monaten verunsichern: Eine der größten
Gefahren in unserem Leben ist der Verkehr. Und jedes Jahr werden
wieder Menschen jäh aus dem Leben gerissen, weil irgendwer
irgendwo einen Fehler gemacht hat. Das ist zutiefst menschlich,
bedeutet aber auch, dass wir im Verkehr jederzeit mit allem rechnen
müssen. Obwohl die Sicherheitspakete in den Fahrzeugen, von
ABS, Traktionskontrolle, ESP bis zu weiteren phantasielosen Kürzeln
immer umfangreicher werden, hat wohl jeder schon weiß Gott
wie viele Situationen erlebt, wo es „knapp hergegangen“
ist. All die schönen Errungenschaften wiegen uns oft genug
in eine trügerische Sicherheit, alles unter Kontrolle zu haben.
Dazu kommt dieser Leistungswahn, jedem Seifenkistl 100 PS und mehr
unterzujubeln. Auf einer japanischen Automesse brüstete sich
ein deutscher Automobilhersteller damit, seinen neuen Sportwagenprototypen
24 Stunden lang mit Vollgas (295 km/h!) über eine Teststrecke
gesprengt zu haben, ohne dass der Motor Schaden erlitt. Was wollen
uns diese Herrschaften damit eigentlich sagen? Das alles verführt
zu einer offensiven Fahrweise, die alle unfallsenkenden Maßnahmen
technischer Art wieder zunichte macht. Die Werbung tut ein übriges
dazu.
Vor allem jüngere Fahranfänger, die sich
in der Mehrzahl keinen rollenden Sicherheitskäfig leisten können,
kommen leicht in die Versuchung, nach einem Discobesuch ihrer neuen
Flamme oder einem stichelnden Spezl zu zeigen, was unter der Haube
der aufgemotzten Kiste steckt. Leider viel zu häufig ist das
Ergebnis eine Todesanzeige in der Montagsausgabe der Lokalzeitung.
Bei solch einer Lektüre würde man sich wünschen,
dass in Motorsportzeitschriften und PR-Broschüren von Automobilherstellern
weniger über PS, Beschleunigung oder Kurvenfahrverhalten zu
erfahren ist, sondern vielleicht einmal ein Slogan auftaucht wie
„Leb‘ doch noch ’ne Meile!“, den ein Rundfunksender vor
einigen Jahren geprägt hat.
Ein weiteres Problem, quer durch alle Altersschichten,
ist eine Rechthabermentalität, die uns den Fuß aufs Gaspedal
drücken lässt, wenn uns jemand, womöglich noch verbotenerweise,
überholt. Und ab und zu möchten wir auch ausprobieren,
was unsere Kiste kann.
Doch letztendlich wollen wir vor allem ankommen, und
zwar gesund und mit heiler Haut. Das bedeutet konzentrierte, defensive,
vorausschauende Fahrweise, denn eigentlich ist es egal, wer den
Fehler macht – den Schaden haben meist alle. Besonders jetzt im
Winter, wo mit Nebel, extremen Wetterkapriolen und eisigen Fahrbahnen
zu rechnen ist, gibt es keine Alternative zu defensiver Fahrweise.
Wir haben das Steuer in der Hand. (jh)