Ein runder Geburtstag

Bei Onkel Franz ist das einfach. Man kauft einen
Sechserpack feinstes Weißbier, zieht sich einen Anzug an
und geht um zwei Uhr zum Gratulieren, da ist der Mittagsschlaf
gehalten. Wünscht
ihm Gesundheit, eine unvorhergesehene Rentenerhöhung und dass
sein Lieblings-Fußballverein endlich in die Kreisliga aufsteigt.
Dafür kriegt man Kuchen und Kaffee und vielleicht auch einen
Kirschschnaps.

Was aber soll man machen, wenn das Geburtstagskind
das Mitteilungsblatt einer Gemeinde ist, in diesem Fall der „Kompass“ zehn
Jahre alt wird? Das Weißbier könnte man allenfalls
denen ausgeben, die das Blatt machen. Gesundheit kann man einem
Amtsblatt auch nicht wirklich wünschen.

Was man ihm und allen
Beteiligten jedoch auf jeden Fall wünschen
kann: Weiterhin so viel Erfolg! Ist der „Kompass“ doch
einst mit dem Wunsch aus der Taufe gehoben worden, den Menschen
in der Gemeinde etwas mehr zu bieten als die nicht immer so extrem
unterhaltsamen Verordnungen oder Planfeststellungsverfahren.

Natürlich
sollte die Gemeindearbeit durch Meldungen aus dem Gemeinderat
transparenter werden. Aber das Leben in einer Gemeinde hat noch
einiges mehr zu bieten an Ereignissen, an Wissenswertem. Schließlich
feiern Vereine oder sie haben Jahreshauptversammlung. Geschäftseröffnungen
sind zu vermelden. Kulturelle Ereignisse sind anzukündigen.

Was es nicht gibt, sind Sensationsmeldungen um ihrer selbst willen
oder eine möglichst reißerische Darstellung, ohne
die es laut Lehrmeinung von Medienexperten angeblich nicht mehr
geht. Diesem Irrtum unterliegen auch Lokalredaktionen von Tageszeitungen.
Die große Akzeptanz des „Kompass“ beweist,
dass man auch ohne negative Schlagzeilen mit interessant gestalteten
und aufgemachten Meldungen aus dem Gemeindeleben eine breite
Leserschaft ansprechen kann.

Natürlich war das keine schnurgerade
Erfolgsgeschichte. Mit schöner Regelmäßigkeit
wurde immer wieder und am liebsten von der selben Seite die Frage
in den Raum gestellt, ob es nicht doch genügt, den Bürgern
nur „amtliche
Nachrichten“ mitzuteilen – wenn es denn überhaupt
sein muss. Was ja viel billiger wäre. Und hin und wieder
gab es auch kleinere und größere Turbulenzen bezüglich
dessen, was geschrieben und vor allem auch dann nicht mehr geschrieben
wurde.

Dieser „Kompass“ hat keine nach Norden ausschlagende
Nadel, sondern eine Seite eins, die dafür sorgt, dass es
nicht nur Nachrichten, Mitteilungen und Veranstaltungshinweise
gibt, sondern auch einfach ein bisschen Lesestoff. Manchmal unterhaltend,
bisweilen mit einem etwas ernsteren Tenor. Aber immer vom Wunsch
beseelt, nicht zu langweilen.

Was stets für den gesamten
Inhalt angestrebt und dann auch prompt von einer ganz offiziösen
Seite honoriert wurde. Bei dem vor einigen Jahren von der Bayerischen
Beamtenfachhochschule in Hof und dem Carl Link/Deutscher Kommunalverlag
ausgeschriebenen Wettbewerb „Die besten Amtsblätter
Bayerns“ belegte
der „Kompass“ den ersten Platz. Kriterien für
die Bewertung waren Layout, Inhalt und Sprache. Diese Auszeichnung
könnte den eventuellen Vorwurf der „Selbstbeweihräucherung“ etwas
mildern, und erlaubt vielleicht auch noch, die höchst erfolgreiche
weil oft aufgerufene Internet-Ausgabe zu erwähnen.

Also weiterhin
alles Gute, lieber „Kompass“. Und zum
nächsten Geburtstag gibt‘s vielleicht doch einen Obstler.
Schließlich ist das ja dann eine Schnapszahl.

pebe