Alle Jahre wieder

Wer auch immer es war, der den Text für dieses Lied geschrieben hat, er hat ihn mit weiser Voraussicht geschrieben. Denn wenn es in diesem wunderschönen Lied „alle Jahre wieder“ heißt, dann hat das einen Wahrheitsgehalt, von dem sich viele Politiker und andere Experten einige Scheiben abschneiden könnten.

Während sich nämlich die Welt in einem Wandel von bisher kaum gekanntem Ausmaß befindet, also Internet, Smart­phones, die NSA und Horst Seehofer alles auf den Kopf stellen, was es einst so an schönen Traditionen gab, während also nur noch wenig so wie früher ist, hat sich an einem offensichtlich nicht sehr viel oder kaum etwas geändert: An den Weihnachtstraditionen nämlich.

Frägt man im Bekanntenkreis, was bei ihnen denn so an einem Heiligen Abend auf dem Esstisch stünde, so ist die Antwort stets mit einem kleinen Seufzer und dem Satz verbunden: So wie jedes Jahr halt. Und damit sind dann zum Beispiel die traditionellen Würstl mit Kartoffelsalat gemeint. Wie bei immerhin einem Drittel aller Deutschen.

Kartoffelsalat und Würstchen
Francesca Schellhaas / photocase.com

Und mit dem Weihnachtsschmuck ist es auch nicht so viel anders. Natürlich können hier die Geschmäcker und die Traditionen von Familie zu Familie höchst unterschiedlich sein. Der eine verzichtet ungern auf Äpfel und Nüsse, mögen erstere auch noch so schnell vor sich hin faulen, weil sie schon so lange beim Discounter im Regal lagen. Der andere kriegt bei Lametta Hautausschlag, wohingegen ein dritter gar nicht genug davon am Baum haben kann und inzwischen auch gerne zu Wachskerzen mit LED-Lampen greift.

Und auch der zeitliche Ablauf ist immer noch derselbe wie bei den Ur-Ur-Großeltern! Marginale Veränderungen sind in erster Linie äußeren Einflüssen geschuldet. Also dem Zeitverlust durch Parkplatz-Suche bei Last-Minute-Einkäufen. Oder weil man mit Schrecken festgestellt hat, dass man zwar seit Juli schon alle Geschenke hat – aber das Geschenkpapier vergessen hat.

Apropos, auch das ist vielleicht nicht mehr ganz so wie früher: Viele Menschen kriegen inzwischen am Weihnachtsabend kein Plätzchen mehr runter. Weil es die nämlich schon seit Ende September gibt. Aber sonst: Alles wie alle Jahre wieder. Obwohl es im Einzelfall durchaus zu erstaunlichen Veränderungen kommen kann.

So hat zum Beispiel meine Mutter vor vier Jahren ohne jegliche Ankündigung und ohne es in der Familie vorher zu diskutieren den Metzger gewechselt. Sie kauft jetzt die Wiener im Supermarkt. Weil sie nämlich festgestellt hat, dass ausgerechnet an Weihnachten bei dem Metzger die Würstchen immer teurer geworden waren. Das ist bei uns aber auch schon alles an Veränderung.

Was dann mitunter auch auf bitterer Erfahrung basiert. Ein befreundetes Ehepaar wollte zum Beispiel einmal Heilig Abend ganz anders verbringen. Sie haben also Freunde zu einer Weihnachtsparty eingeladen. Zwar schon auch mit Glühwein, aber ohne alles sonstige Lametta. Und sie sind auch alle gekommen, die Freunde. Aber erst, nachdem sie zu Hause Bescherung gefeiert und Würstl mit Kartoffelsalat gegessen hatten.

pebe