Donnerwetter

Wenn die Kinder mal wieder nicht machten, was die Eltern wollten,
dann setzte es in früheren Zeiten schon mal ein Donnerwetter.
Andererseits dient dieser Begriff auch als Ausdruck der Anerkennung
für eine
beeindruckende Leistung. Und mancher Zeitgenosse schließlich wünscht
einem Mitmenschen, der ihm ganz besonders auf die Nerven geht,
dass ihn doch endlich der Blitz treffen möge.

Mit kaum einem anderen Naturphänomen kann man so eindrucksvoll
seine Meinung sagen. Zumindest die Generationen, die sich nicht nur in
SMS-Kürzeln ausdrücken. 4 kids hingegen bedeutet ein Gewitter
trotz bestandenem Härtetest beim Rock-Konzert direkt vor der 1000-Watt-Box
meist noch immer, dass sie sich bei einem nächtlichen Donnerschlag
ganz uncool ins elterliche Schlafzimmer retten.

Doch zugegeben, es hat schon auch für Erwachsene etwas Furcht
erregendes, wenn so einem grellen Blitz ganz unmittelbar ein Donner folgt,
der die Gläser in der Vitrine klirren lässt. Nicht zu vergessen
der eventuell prasselnde Hagelschlag oder der von Sturmböen gepeitschte
Starkregen, die sich ganz besonders beeindruckend gestalten, wenn man
von ihnen bei einem Spaziergang auf weiter Flur überrascht wurde.

Wissenschaftlich gesehen hört sich die Geschichte ziemlich nüchtern
an. Demnach entsteht ein Gewitter durch labile Luftschichten bei hoher
Luftfeuchtigkeit, durch die eine Zirkulation ausgelöst wird mit
kräftigen Aufwinden im Zentrum und Abwinden in der Umgebung. Interessant
vielleicht auch noch, dass es zu einem Blitz kommt, wenn das Spannungsgefälle
in einer Wolke oder zwischen Wolke und Erdboden einen Wert von etwa 2.000
Volt pro Zentimeter übersteigt.

Was einem Menschen, der schon einmal einen Blitzeinschlag in freier
Natur und in nicht allzu großer Entfernung erlebt hat, allerdings
ziemlich egal ist. Befindet er sich zu dieser Zeit in einem Mischwald,
wünscht er sich wohl nur noch, dass wenigstens ein einziges Mal
eine alte Volksweisheit stimmen möge. „Eichen sollst du weichen;
vor Fichten sollst du flüchten, Buchen sollst du suchen“,
besagt diese nämlich. Allerdings bleibt der leise Verdacht, dass
diese Weisheit vielleicht weniger auf wissenschaftlichen Erkenntnissen
basiert als vielmehr den Gesetzen des Reimes zu verdanken ist – die ja
bekanntermaßen keinen Schutz vor Blitzeinschlag bieten.

Das ist eher einem Faradayschen Käfig vorbehalten, wie ihn beispielsweise
ein Automobil bildet. Auch wenn man nicht immer weiß, ob auch das
Auto weiß, dass es ein Faradayscher Käfig ist. Ebenso ist
immer noch nicht klar, ob es unbeschadet aller Schutzschalter in einem
Haus nicht doch besser ist, bei Gewitter alle Stecker raus zu ziehen.
Was ja manchmal etwas nervig werden kann. Vor allem wenn man sie bereits
angesichts einer dunklen Wolke am Himmel rauszieht. Schließlich
sind nicht wenige Stecker hinter Kommoden, Sofas oder sogar Schränken
versteckt.

Geradezu ein traumatisches Erlebnis kann ein Gewitter allerdings werden,
wenn gerade eine Fußball-Europameisterschaft ausgetragen wird.
Und plötzlich Zeus mit Blitz und Donner die Kicker von der Mattscheibe
fegt. Da zeigte es sich heuer, dass manchmal alle Technik und der
beste Blitzableiter nichts nützen. Da half – zumindest in der Bundesrepublik
– nur noch das Schweizer Fernsehen.

pebe