Dürrewarnung

Böse Zungen behaupten, für die immer präziser
werdenden Unwetterwarnungen unter gleichzeitiger Bekanntgabe der
zu erwartenden Windböen gäbe es eine simple Erklärung:
Den gerade mal wieder grassierenden Schlankheitswahn. Frauen mit
der berüchtigten
Hosengröße null sollen beispielsweise davor gewarnt werden,
bei Windgeschwindigkeiten von mehr als 90 km/h aus dem Haus zu
gehen.

Nachdem Twiggy Anfang der 1970-er Jahre endgültig aus ihren Hotpants
gerutscht war, hatte man ja berechtigten Anlass zu glauben, dass sich
die Körperproportionen allgemein und insbesondere in der Damenwelt
wieder stabilisieren und – ein Hauch von Chauvinismus sei hier gestattet
– zu handlicheren Formen zurückfinden würden. Dass es unter
den Models, die das Schönheitsideal prägten, auch eine Kate
Moss gab, konnte das Bild nicht trüben.

Doch nun ist alles wieder anders. Was man früher dürr nennen
durfte, heißt jetzt auf einmal wieder schlank. Damit steigt bei
schlampiger Interpretation die Gefahr, sich beim körperlichen Kontakt
mit manchen jungen Damen blaue Flecken zu holen.

Zwar haben große Teile der Modeindustrie inzwischen gelobt, keine
Models mehr auf die Laufstege zu lassen, die jeden verantwortungsbewussten
Mediziner veranlassen würden, einen Krankenwagen zu rufen. Aber
dafür haben insbesondere jüngere Teile Hollywoods und der dort
neu ernannten Glamour-Gilde von Selbstdarstellerinnen den vermeintlich
Platz sparenden Körperbau neu entdeckt. Was als Welle natürlich
dank einschlägiger Heidi-TV-Sendungen und Hochglanzmagazinen auch
nach deutschen Landen schwappt.

Hier wollen dann Dreizehnjährige auf einmal keine Kohlehydrate
mehr zu sich nehmen. Mümmeln dafür wie Zwergkaninchen unlustig
an einem Blatt Salat, angemacht mit einem fettarmen Yoghurt-Dressing.
Schließlich warten auch auf ältere Semester in den Modeläden
die Jeans in Kindergrößen, damit man wie Spice-Girl Posh herum
laufen kann – sofern es die körperliche Konstitution noch zulässt.

Klappern gehört bekanntlich zum Handwerk. Anlass zur Besorgnis
besteht jedoch, wenn dieses Geräusch vom eigenen Gestell stammt.
Deshalb hier ein flammender Appell: Liebe Frauen, weibliche Jugendliche
und Mädchen! Versucht euch nur dieses eine Mal ein kleines Beispiel
an Männern zu nehmen. Es muss ja nicht gleich eine Figur wie von
Rubens oder der klassische Bierbauch sein. Es würde schon die Erkenntnis
reichen, dass irgendwo in der Mitte ein bisschen Wahrheit und das adäquate
Körpergewicht liegen.

Falls es eine Frau interessiert: Männer schauen vielleicht nach
den Modelgrößen. Aber sie lieben dann doch ein paar Pfund
mehr.

pebe