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Angefangen hat es schon im September. Da flatterten die ersten Spezial-Kataloge ins Haus. Inhalt: Alles, was der Mensch braucht für eine fröhliche Weihnacht!

Seitdem ist die Flut nicht abgerissen. Kaffee-Versandhäuser versprechen: „Dieses Weihnachtsfest wird zauberhaft!“. Ein anderer Versandhandel hat jetzt nicht nur beleuchtete Schneemänner für den Gartenteich im Programm, sondern einfach alles, was Haus und Garten weihnachtlich erstrahlen und den Nachbarn vor Neid erblassen lässt. Und natürlich ganz einfach von zu Hause aus im Internet bestellt wird.

Weshalb zu befürchten ist, dass dieses Weihnachten mehr denn je und dank Flatrate und DSL-Hochgeschwindigkeitsanschluss „online“ stattfindet. Denn da ist was geboten. Gibt man bei einer der Suchmaschinen das Wort „Weihnachtsgeschenk“ ein, lässt die Auswahl keine Wünsche offen. Allein aus deutschen Landen werden 1.430.000 Webseiten aufgerufen.

Wenn man also zügig an die Arbeit geht und auf Schlaf, Essen und Freizeit verzichtet, hat man die bis zum 24. Dezember locker durchgearbeitet und das optimale Geschenk gefunden. Natürlich zum Schnäppchen-Preis. Auch wenn‘s dann erst zum 2. Januar geliefert wird.

Ein bisschen schneller geht‘s vielleicht mit der Homepage eines Versandhauses, denn dort gibt es einen „Geschenkefinder“. Man gibt die Preisklasse ein. Wählt das Geschlecht aus, also Sie, Ihn oder das Kind. Und die Interessen. Und bekommt dann beispielsweise für die Gattin einen -Granatanhänger oder einen Wiwatex Klima-Aktiv Parka vorgeschlagen.

Doch das ist für viele sicher immer noch kein Grund, aus dem Haus zu gehen. Schließlich gibt es ja noch ebay, den Online-Marktplatz ohne Glühweinstand. Da hat man „Genau mein Geschenk“ und derzeit mehr als 3.000 Vorschläge. Wie wäre es also mit einer „Original CCCP-Marine-Pelzmütze“ oder mit dem „CSI Miami Fun-Fan-Diplom“ mit goldenem Plastikrahmen?

Auch eine „riesige politische Europa-Wandkarte“ wird hier als ultimatives Weihnachtsgeschenk angepriesen und ist für ganz wenig Geld zu haben. Oder besser gesagt: war zu haben. Ging nämlich schon für 1 Euro 99 über den virtuellen Ladentisch. Denn der Einkauf im Internet ist voll im Trend, immer mehr Menschen klicken sich zu Hause am PC ihr Weihnachten zusammen. Um dann vielleicht unterm Weihnachtsbaum überrascht festzustellen, dass der MP3-Player windiger Plastikschrott ist. Der Pullover schon bessere Tage gesehen hat. Die Krawatte im Internet eine ganz andere Farbe hatte.

Kann alles nicht passieren, wenn man seine Weihnachtsgeschenke so wie früher – und am besten vor der Haustür – dort sucht und kauft, wo man sie auch anfassen kann. Wo es auch schon mal nach Weihnachten duftet, die Straßen festlich beleuchtet sind, und nicht nur der Bildschirm bläulich flimmert.

Irgendwie gehört das doch einfach dazu, auch wenn in diesem Jahr vielleicht nicht der Schnee unter den Sohlen knirscht und es manchmal nicht gleich einen Parkplatz vorm Geschäft gibt. Einen Stand mit Glühwein wird es trotzdem geben, gebrannte Mandeln. Man trifft Bekannte.

Vor den Schaufenstern ganz bestimmter Geschäfte werden wieder Erinnerungen an die Kindheit wach. Und wenn‘s dann trotzdem ein Granatanhänger werden soll, sieht man beim Juwelier um die Ecke wenigstens gleich, ob der wirklich richtig schön funkelt.

pebe