Ausgabe 02/2022| 24. Februar 2022
SITZUNGEN NUR AM DIENSTAG! UND WARUM DER DIALEKT KEIN UNSINN IST
„Heut is Nascha Pfinsta!“ Wer jetzt ausruft: Was schreibt er wieder für einen Unsinn! hat vollkommen recht. Weil der Erscheinungstag dieser KOMPASS-Ausgabe der Unsinnige Donnerstag ist – Nascha Pfinsta hoit (die zwei „a“ hell und kurz ausgesprochen, das „sch“ scharf). Der Na(rri)sche Donnerstag. Selbsterklärend das „narrisch“, dem Unsinn nahe der Pfinsta …? Mitnichten, denn der Pfinsta ist einfach der fünfte Tag der Woche, wenn man gut christlich mit dem Sonntag als ersten Tag beginnt, was uns möglicherweise einst die Goten beibrachten.
Denn solch leuchtende Dialektblüten wurzeln tief in unserer bairischen Geschichte: als spätestens nach dem Abzug der Römer um das Jahr 500 die frühen Baiern mit den von Südosten heraufgezogenen, schon christlich gewordenen Goten in Berührung kamen, von ihnen vielleicht auch kurzzeitig von Ravenna aus mitbetreut und gleich ein bisserl missioniert wurden (bevor die Baiern ihren ersten Herzog aus agilolfingischem Adel bekommen haben). Jedenfalls sickerten (teils griechische Lehn-)Wörter und christliches Gedankengut der Goten nach Baiern ein, was man noch heute hört! Der Pfinsta lautet ab vom griechischen „pente“ für fünf (wie auch Pfingsten am fünfzigsten Tag – pentekoste hemera – nach Ostern gefeiert wird). Nördlichere Germanen sind beim Gott Donar und dem Donarstag geblieben, die Angelsachsen / Engländer bei ihrem Thor und damit dem Thursday. Römer / Italiener beim Jupiter – Giovedì.
Und was machen die Italiener, Franzosen oder Spanier am Dienstag? Da verehren sie am Martedì / Mardi / Martes den Kriegs- und Planetengott Mars, während die Engländer am Tuesday dem Gott Ziu / Tyr huldigen (ebenso wie mancherorts noch heute unsere Schwaben, wo der Dienstag der Zieschdi ist). Was aber tat der Baier am Irta? Hat sich wohl angesichts der Goten besser an deren griechischen Kriegsgott Ares gehalten und den Arestag zum „Irta“ eingebairischt.
Der Gott Ziu / Tyr wachte bei den Germanen übrigens über dem Thing: der Volks-, Rats- oder Gerichtsversammlung. Vermutlich kommt es also nicht von ganz ungefähr, dass es bis heute eine gewisse Tradition hat, Gemeinderatssitzungen fast immer und überall am Thingstag / Dienstag abzuhalten! Damit am Donnerstag / Pfinsta koa narrischer Unsinn herauskommt …!
_Markus Tremmel