WENN DIE NATUR PRANGT UND DER SÜNDER BANGT(E),

DANN IST’S DER ANLASS FÜR DEN ANTLASS

Was dem einen ein „gotteslästerliches Schauspiel“ (Luther) war, is dem andern (Katholik, allg.) eines der schönsten kirchlichen Feste im Jahreskreis: Fronleichnam. Verstehen tut’s keiner mehr.

Wer im Radio Straßenumfragen dazu hört, wundert sich, was da angeblich alles gefeiert wird: von der Auferstehung bis hin zu einer speziellen Apostelparty – alles dabei. Und selber? Was würdest antworten …?

Der Feiertag, der im Volksmund der Antlass oder Prangertag genannt wird, heißt liturgisch „Hochfest des allerheiligsten Leibes und Blutes Christi“. Es geht also um das Sakrament der Eucharistie, die Gegenwart Christi in Brot und Wein. Die Monstranz mit der Hostie wird an diesem 60. Tag nach Ostern (heuer der 19. Juni) feierlich durchs Dorf getragen. Vier geschmückte Altäre unterwegs, Birken am Straßenrand, verstreute Blüten, kurzum: eine Natur in prangender Pracht, die prächtige Monstranz – Prangertag!

Der Antlass wiederum leitet sich aus Ablass ab. An diesem Tag, wie am Gründonnerstag auch, wurden einst Sündern die zeitlichen Sündenstrafen erlassen und sie wieder in die Gemeinde aufgenommen. Heutzutags tät man fast jede Sünderin, jeden Sünder freiwillig an jedem Sonntag in die Gemeinde aufnehmen, damit wenigstens ein paar drin sind … Wenn man frühere Sündenregister und -maßstäbe anlegte, müssten wir vermutlich alle auf den Prangertag warten, um wieder zur Zier der Pfarrei und runter vom Pranger zu kommen.

Vorbei die Zeiten, als im religiös unruhigen 16. Jahrhundert die protestantisch gewordenen Bauern mit Fleiß an Fronleichnam Odel gefahren haben … Auch in unserer Gegend muss die Fronleichnamsprozession damals bisweilen direkt eine Mutprobe gewesen sein, weil vom Straßenrand her die Evangelischen einen recht derbleckt haben, wie man in alten Berichten liest. Die Katholiken werden sich dann schon beizeiten revanchiert haben …

Bis heute hakt die Ökumene ja akkurat am Verständnis des Abendmahles. Vielleicht muss man auch nicht immer alles verstehen, es glangt, wenn es so was Schönes noch gibt wie die Fronleichnamsprozession – eine farbenfrohe Tradition und ein Rest von Versteh-i-net im Leben. _Markus Tremmel