Von Schlossherren und Rittern

Nur für den Fall, dass es jemand vergessen haben sollte: Vor 750 Jahren übergab Heinrich der Erlauchte aus dem Geschlecht der Wettiner die Landgrafschaft in Thüringen seinem Sohn Albrecht dem Entarteten. Außerdem wurde der Ritterstand erblich. Allerdings mussten die zukünftigen Herren Ritter erst einmal höfische Sitten bei einer Edelfrau erlernen, bevor sie dann bei Ritterturnieren mit drei Pferden, Morgenstern, Streitaxt und Kriegshammer den Gegnern auf den Pelz respektive auf die Rüstung rücken durften.

Aus heutiger Sicht und insbesondere in unserer Region dürfte allerdings das größte Ereignis gewesen sein, dass damals zum ersten Mal das Wasserschloss in Taufkirchen an der schönen Vils urkundlich erwähnt wurde. Denn das ist in diesem Jahr ein wirklich guter Grund, sich mal wieder ins Mittelalter zurückversetzen zu lassen.

Und um es gleich dazu zu sagen, das macht nicht nur gestandenen Männern Spaß. Auch wenn wohl fast jeder Mann mal in seiner Jugend den Indianern und Cowboys den Rücken gekehrt hat, und Prinz Eisenherz auf einmal das erklärte Berufsziel war.

Doch bitte meine Damen, sie, die jetzt schon ein klein wenig älter als 19 Jahre sind, haben sie nicht auch irgendwann in ihrer Jugend etwas festeren Karton zu Spitzhüten gerollt und mit duftigen Schals dekoriert, um als Burgfräulein auf den Herrn Ritter aus der nächsten Querstraße zu warten? Der zwar mit Nachnamen nicht Eisenherz hieß sondern Mittermaier, aber dafür ein selbst geschnitztes Schwert hatte, mit der er sie bis in den Tod verteidigt hätte? Oder zumindest bis ihn der Hannes zum Fußballspielen abgeholt hat.

Und hier sei auch gleich allen jüngeren Semestern Trost gespendet. Auch wenn es vielleicht bisher noch keine Berührungspunkte mit dem Mittelalter gab, so ein mittelalterlicher Markt, wie es ihn jetzt anlässlich des Schlossjubiläums Anfang Juni geben wird, der bietet jede Menge cooler Fotomotive, mit denen ihr dann eure Seite bei Facebook aufmöbeln könnt. Das hat nicht jeder.

Und sicher macht’s Jung und Alt und den Jahrgängen dazwischen auch einfach nur Spaß, sich das mittelalterliche Treiben auf und rund um die Schlosswiese anzuschauen, eines der Konzerte zu besuchen oder sich mit einem deftigen Stück Ochs vom Spieß zu laben, wofür man im Gegensatz zu den Rittern im Mittelalter noch nicht einmal das eigene Besteck mitbringen muss.

Und was durchaus auch der Erwähnung wert ist, egal ob Burgfräulein, Magd, Knappe oder Rittersmann, es gibt keine Zollschranke, an der vielleicht der Zehnte erhoben wird. Auch wenn das bei den sonst üblichen mittelalterlichen Märkten der Neuzeit durchaus gängig ist. Will sagen, der Eintritt ist an beiden Wochenenden natürlich frei.

Also notfalls einfach noch den Pfingsturlaub umbuchen, damit man rechtzeitig zum Mittelalter-Markt wieder zurück ist. Der Gardasee läuft nicht weg. Das Wasserschloss hat sein nächstes rundes Jubiläum hingegen erst wieder in 50 Jahren. Und da weiß man noch nicht einmal, ob es dann überhaupt wieder so ein mittelalterliches Spektakel geben wird. Vielleicht stehen dann ja schon Kamele unter Palmen vor dem Wasserschloss. Und da würde es wohl nur noch Sinn ­machen, einen Orientmarkt zu veranstalten.

pebe