Jeder ist ein Ausländer

Angesichts des bevorstehenden Tages der Internationalen
Begegnung in unserer Gemeinde, der Partnerschaft zu West Chicago,
unserer (nicht nur) griechischen Mitbürger, sei dieser Satz
gleich an den Beginn dieses Artikels gestellt. Die Aussage ist ja
eigentlich eindeutig: „Jeder ist ein Ausländer“ –
nur an einem Platz auf dieser Erde sind wir es nicht: Dort, wo wir
herkommen.

Oder dort, wo wir leben? Oder in dem Land, dessen Pass
wir besitzen? Und schon ist es nicht mehr so klar, denn damit tun
sich die verschiedensten Kombinationen auf. Viele Leute, die am
deutschen Ufer des Bodensees wohnen, arbeiten in der Schweiz. Und
andere wurden in einem fremden Land geboren, wachsen aber hier bei
uns auf. Es gibt Personen mit zwei Pässen. Wer ist ab wann
Ausländer?

Der niederbayerisch-türkische Kabarettist Django
Asül treibt genau mit diesen Unklarheiten seine humorvollen
Spielchen, und alle lachen darüber. Das ist so weit so gut,
wenn einem dadurch bewusst wird, dass es im wirklichen Leben oft
gar nicht lustig ist für jemanden, der mehr oder weniger zufällig
das Etikett „Ausländer“ trägt. Lustig ist es
dann nicht mehr, wenn man nach diesem Etikett eingeschätzt
wird.

„Ich hab‘ ja nichts gegen Ausländer, aber
…“ – diesen Satz kann man nicht nur von einzelnen Mitbürgern
hören, sondern auch von politischen Parteien.

Wer zurück in die Geschichte aller europäischen
Völker schaut, wird feststellen, dass dieses Thema vor allem
dann zu Problemen führte und führt, wenn es den Leuten
schlecht geht. Im Mittelalter wurden bei einer Hungersnot oder Seuchen
immer zuerst die Kaufleute aus fremden Ländern verdächtigt,
dann ging es weiter zur eigenen Obrigkeit, bis am Schluss die Hebammen,
Ärzte oder sogar die Bäcker unter Verdacht gerieten und
oft genug um ihr Leben fürchten mussten. Da steckte Angst dahinter
und Unwissenheit.

Das ist oft auch hier und heute noch so, wenn sich
Menschen in ihrer Existenz bedroht fühlen, wenn sie glauben,
ein Fremder würde ihnen den Arbeitsplatz wegnehmen. Dabei ist
letzteres in unserem Landkreis schwer nachvollziehbar; in Deutschland
gibt es nicht viele Orte, wo es um die Sicherheit eines Arbeitsplatzes
besser bestellt ist.

Natürlich macht auch die Globalisierung Angst.
Und unsicher macht viele Leute auch, wenn sie mit Menschen zu tun
haben, die eine andere Sprache sprechen, deren sie selbst nicht
mächtig sind. In dieser Hinsicht tragen auch ausländische
(wie immer man das definieren mag) Mitbürger Verantwortung.

Vielleicht hilft ein Blick in unsere eigene Geschichte:
Süddeutschland war ursprünglich das Stammland der Kelten,
dann erfolgte eine Zuwanderung durch die Römer, später
durch germanische Stämme. Selbst die Bajuwaren sind „Zuagroaste“:
Sie kamen aus dem Osten, -höchstwahrscheinlich aus dem jetzigen
Tschechien. Hat uns das etwa geschadet? Herausgekommen ist, was
wir heute sind. Und darauf sind wir doch stolz, oder?