Zugegeben, der Trend ist etwas rückläufig.
Der inzwischen schon berüchtigte Teuro, wankende Wirtschaftsriesen,
neu festgesetzte Gewinnerwartungen und die bevorstehende Bundestagswahl
erfordern schließlich auch auf diesem Sektor Opfer. Aber dieser
Trend ist bei weitem noch nicht so rückläufig, dass nicht
mehr von der Urlaubslust von Landkreisbewohnern und anderen Deutschen
gesprochen werden könnte.
Nein, hier soll nicht die Rede von Bangkok-Reisenden
sein, das ist ein eigenes Thema. Es geht ganz allgemein um die Lust
der Menschen hierzulande, im Urlaub wegzufahren. Und zwar möglichst
weit. Es gehört schließlich der Vergangenheit an, dass
ein Familienvater einer Flugreise in Begleitung der Schwiegermutter
nach Florida nur zustimmte, weil er von den besonders gefährlichen
Alligatoren in den Sümpfen des amerikanischen Bundesstaates
gehört hatte. Inzwischen genügt der dezente Hinweis eines
Arbeitskollegen, dass er in Fishers Island im selben Supermarket
eingekauft habe wie Babs, vormals Beckers Bobbele. Da wird nicht
einmal mehr überprüft, ob das überhaupt stimmen kann.
Es ist klar, in diesem Jahr wird nach Florida geflogen, Al Quaida
hin oder her und am liebsten natürlich ohne Schwiegermutter.
Auch wenn die Fluglinien jammern, Fernziele sind immer
noch beliebtes Urlaubsziel, selbst das Land der Känguruhs ist
vor deutschen Urlaubern nicht sicher. Doch es braucht nicht immer
ganz so weit sein, Hauptsache man muss nicht zu Hause bleiben. Deshalb
haben im vergangenen Jahr über drei Millionen Urlauber dafür
gesorgt, dass Mallorca deutsch bleibt. Und inzwischen ist diese
ehemals iberische Mittelmeerinsel sogar schon Ziel für Kurz-Reisen.
Könnte man zumindest annehmen, wenn man hört, dass die
halbwüchsigen Kicker eines kleinen Ortsvereines als Belohnung
für die WM-Teilnahme ein Wochenende auf Mallorca verbringen
durften. Oder war es doch nur der zweite Platz bei der Kreismeisterschaft?
Tatsache ist, dass Jugendliche wie Erwachsene zwar
bis an’s Ende der Welt fliegen, aber Vorbehalte haben, einen Freitag
Abend in einer benachbarten Stadt zu verbringen. Es soll nicht nur
in Taufkirchen Kinder und Erwachsene geben, die noch nie in Dorfen
oder Erding waren. Oder höchstens ein oder zwei Mal. Auf ihren
Koffern haben sie aber die Aufkleber von 14 verschiedenen Fluggesellschaften
inklusive Japan Airlines.
Gut, das Klagelied ist nicht neu, aber immer noch aktuell.
Denn „Kalling“, sagte neulich ein Bewohner Taufkirchens
vor Zeugen, „den Namen habe ich schon mal gehört“.
Bravo, kann man da nur ausrufen, und sich mit ihm anschließend
über dieses pittoreske kleine Lokal im New Yorker Greenwich
Village unterhalten. Da war er natürlich schon.
Sie werden also wieder ihre Koffer packen und sich
auf Phuket vom Strand zum Buddhatempel Wat Chalong schleppen. Um
sich Taufkirchens Wasserschloss einmal anzuschauen, haben sie einfach
noch keine Gelegenheit gehabt. (pebe)