Atlantische Tiefausläufer

Als wenn Errungenschaften wie Kaugummi, die berühmte braune
Brause oder jede Menge Fachausdrücke wie „cool“, „shopping“ oder „business“ nicht
schon genug wären. Jetzt hat uns also mit aller Macht und vielen
Konsequenzen auch noch eine Finanzkrise made in USA erreicht. Die
ohne zu fragen und natürlich mal wieder ganz unverhofft einfach über
den großen Teich geschwappt ist.

Nun könnten natürlich ganz abgefeimte Menschen sagen, so
schlecht wäre doch eigentlich weder ein Kaugummi noch die Tatsache,
dass die faulen Kredite US-amerikanischer Herkunft jetzt sogar einem
bayerischem Finanzminister den Sessel gekostet haben. Aber mit solchen
Niederungen menschlicher Denkweisen wollen wir uns hier gar nicht erst
beschäftigen. Steht doch auch im Hintergrund solcher Aussagen die
zweifelhafte Haltung, dass ja eigentlich immer die anderen Schuld haben.

Also selber blöd, wer auf einen Kaugummi getreten ist, der dann
an der Schuhsohle klebt. Gegenstand dieser Betrachtung soll vielmehr
sein, was es in diesem Zusammenhang so alles vor der eigenen Haustür
zu kehren gibt. Denn eigentlich war doch noch vor nicht allzu langer
Zeit alles so schön und gut bei uns. Wir hatten die erste Bundeskanzlerin
in der Geschichte des Landes bekommen. Wir sind Weltmeister der Herzen
geworden. Und – vielleicht auch nicht so ganz unwichtig – die Arbeitslosenzahlen
sind gesunken.

Wem so viel Gutes widerfährt, dem ist dann anscheinend ziemlich
egal, dass manche Leute sich neue Taschen kaufen mussten, weil sie sich
die alten schon so voll gestopft hatten. Da wurden hierzulande Gewinnerwartungen
in ­Höhen geschraubt, in denen es sogar einem Reinhold Messner
schwindlig werden könnte. Und weil sich ein anständiger Manager
natürlich auch permanent und vor allem als „global player“ gefordert
fühlt, war kein Geschäft fern genug. Hauptsache es versprach
Rendite, Gewinn, Zuwachs.

Jetzt wissen wir, dass Hypotheken auf US-amerikanischen Häusern
nicht ganz so krisenfest sind und selbst dem klassischen Kleinaktionär
die eine oder andere Turbulenz bescheren können. Und zumindest Teile
der Bevölkerung aus allen Wolken gefallen sein müssen. Andernfalls
wäre vielleicht doch die Einsicht schon weiter verbreitet, dass
der lustig im Wasser plantschende Spatz vor der eigenen Haustür
besser ist als die Taube auf einem US-amerikanischen Einfamilienhaus.

Oder weniger poetisch, aber trotzdem mit einer Volksweisheit ausgedrückt:
Nachdem jetzt schon mal das Kind in den Brunnen gefallen ist, macht es
vielleicht noch mehr Sinn, zum Beispiel über neue Arbeitsplätze, über
Stärkung der heimischen Wirtschaft nachzudenken, als den Brunnen
einfach zuzumauern. Die Uhr lässt sich nicht zurück drehen.
Das hat sich sogar in einem Bundesland rumgesprochen, in dem angeblich
die Uhren schon immer etwas anders gegangen sind, weshalb dann wohl auch
einige Banker mal einen kleinen Fehler machen.

Aber wäre nicht gerade deshalb jetzt der beste Zeitpunkt, auch
mal wieder über etwas kleinere Brötchen nachzudenken? Lieber
mal was vor der eigenen Tür auf einem festen Fundament aufzubauen
als Höhenflügen in irgendwelchen fernen Welten nachzujagen?

pebe