Partnerschaft deutsch-amerikanisch geht auch anders

Der Ton ist rauer geworden, unfreundlicher. Von der einstigen, viel beschworenen Freundschaft der beiden inzwischen nicht nur vom Atlantik getrennten Staaten ist auf der politischen Ebene nicht mehr allzu viel übrig geblieben.

Sie ist nicht unerheblich vom Twitter-Gewitter eines Präsidenten geprägt, mit dem sich dieser eher ungern an Fakten und Realitäten hält. Der sich zum Ausgleich gerne mal im Ton vergreift, während seine Diplomaten höchst undiplomatisch Ratschläge erteilen und Forderungen in Bereichen stellen, die üblicherweise zu den inneren Angelegenheiten eines anderen Landes gehören. Sodass für Außenstehende der Eindruck entstehen könnte, dass aus der langjährigen Partnerschaft nun ein Oberlehrer-Schüler-Verhältnis geworden sei.

Doch zwei Staaten bestehen nicht nur aus Politikern. Und Menschen dieser beiden Staaten beweisen, dass es auch anders geht. Wie zum Beispiel Menschen aus der US-amerikanischen Stadt West Chicago und der Gemeinde Taufkirchen (Vils) in Bayern. Dem Freistaat im Süden des Landes, das ohne die wirtschaftliche Unterstützung der USA nach dem Zweiten Weltkrieg nicht zu seinem Wohlstand gekommen wäre. Auch diesem Umstand ist es beispielsweise zu verdanken, dass Bewohner der bayerischen Vilsgemeinde seit nunmehr zwanzig Jahren den Weg über den großen Teich nehmen und Freunde und Bekannte und Unbekannte in West Chicago besuchen.

Doch der Reihe nach. Bodo Gsedl, heute Vorsitzender von SOVIE – dem Verein, der sich für die Integration psychisch erkrankter Menschen stark macht – und inzwischen fest in der Gemeinde verankert, hatte schon in den 1970er Jahren als Austauschschüler Fuß in West Chicago gefasst, etwa 50 Kilometer westlich von Chicago gelegen. Und als dann in Taufkirchen 1998 über eine Partnerschaft mit einer anderen Kommune nachgedacht wurde, hat er die Stadt im US-Staat Illinois vorgeschlagen. Auch weil sein Bruder inzwischen dort lebte, waren die Voraussetzungen bestens, um dann 1999 die Städtepartnerschaft mit dem einstigen Eisenbahnknotenpunkt und heutigen West Chicago zu besiegeln und mit einem Partnerschaftsverein auf Taufkirchener Seite einen Rahmen zu geben.

Seitdem haben annähernd zwei Dutzend Reisegruppen den Atlantik überquert, wurden Bekanntschaften gemacht, Freundschaften geschlossen und in vielen Bereichen Horizonte erweitert. In den vergangenen Jahren insbesondere auch bei jungen Leuten. Unbeeindruckt von politischen Entwicklungen oder Irritationen. Weshalb es keine Frage ist, dass zum Jubiläum eine Gruppe aus West Chicago in diesen Tagen angereist kommt, auf die ein vielfältiges Programm wartet, darunter und vielleicht nicht ganz zufällig auch ein Besuch des Münchener Oktoberfestes.

Viel wichtiger ist aber, dass sich damit wieder einmal Gelegenheit ergibt um festzustellen, dass Menschen zwar verschieden sind, aber trotzdem viele Gemeinsamkeiten haben. Auf die man schnell stoßen kann, wenn man sich nur die Mühe macht, einmal alle Klischees und Vorurteile beiseite zu lassen und den anderen Menschen einfach einmal ein bisschen zuzuhören. Oder zusammen Ausflüge zu unternehmen, miteinander zu essen und zu trinken, Zeit miteinander zu verbringen.

Und sich zu verstehen, selbst wenn ein blonder Präsident meint, dass ein Land scheinbar zu viele Autos exportiert oder zu wenig für Waffen ausgibt.

pebe