Babylonische Sprachverwirrung

Nicht allein dass die mehrfach erneuerte und dann teilweise wieder zurückgefahrene Rechtschreibreform allen Menschen zusetzt, die sich mit dem geschriebenen Wort beschäftigen. Auch das gesprochene Wort kann mittlerweile einige Probleme bereiten. Was – wie in früheren Jahrzehnten – natürlich zum Teil ein Generationenkonflikt ist.

Rappern und HipHoppern sei Dank, ist die ohnehin schon mitunter leicht fäkalisierte Sprache der Jugend zu einer Zusammenballung der Synonyme geworden, in der nicht jeder auch wirklich geil ist, der geil ist, und sich manche Sätze einfach aus drei Adjektiven respektive Adverbien zusammensetzen von denen mindestens zwei „voll“ und „krass“ lauten.

Doch in verschärftem Maße kommt zusätzlich zum ja ebenfalls immer noch existierenden, ganz natürlichen geschlechtsbedingten Sprachmissverständnis zwischen Mann und Frau nun auch noch eine dritte Ebene hinzu. Denn während einerseits manche Wörter wie Blätter im Herbst vom Baum respektive unter den Tisch fallen, werden scheinbar täglich neue Wörter erfunden, die ganz offensichtlich vor allem einen Zweck haben: Dass ein Mensch wie der berühmt berüchtigte Ochs vorm Berg steht und durch sein Unverständnis unfreiwillig signalisiert, dass eine Entwicklung wieder einmal komplett an ihm vorübergegangen ist.

Aktuelles Beispiel aus den Tiefen des Internets und Beleg für diese Gegebenheit ist, dass bei einem Internet-Auktionator ein Kabel für eine WLAN-Verbindung angeboten wurde. Und jede Menge Leute darauf geboten haben. Bevor diese Episode dazu missbraucht wird, weitere Menschen als „blöd“ dastehen zu lassen: Das Wesen einer WLAN-Verbindung ist, dass man kein Kabel braucht.

Aber es geht auch andersrum. Fragen Sie doch mal so einen jungen Mann mit Gel im Haar, dem der Hosenboden in den Kniekehlen schlackert, wer oder was ein Eigner ist. Oder eine bauchnabelfreie junge Dame mit unterhalb der Hüften endenden Jeans, ob sie gedenkt, sich mal ein Mieder anzuziehen.

Sie schenken sich nichts mehr, die aktuellen Generationen. Während die einen noch nicht wissen, dass „chillen“ mal ausnahmsweise nichts unanständiges ist sondern eine ausgesprochen sinnvolle Tätigkeit gegen Alltagsstress, nämlich relaxen – was auch noch nicht so lange gebräuchlich ist -, grübelt die junge Fraktion, ob „Joppe“ vielleicht der Kosename des Alt- und Ewig-Charmeurs Heesters ist oder ein neues Mode-Label. Aber zum Glück gibt es ja die ultimative Schreib- und Wort-Entscheidungshilfe Duden. Die nimmt nämlich jedes Jahr und im Durchschnitt des vergangenen Jahrzehnts etwa 1000 neue Wörter in ihr Kompendium auf, weshalb man dann erfährt was „Day-Spa“ bedeutet oder „anteasern“.

Und auch wer wissen möchte, was Wörter aus fast vergessenen Tagen wie Zoni oder Wählscheibe für eine tiefere Bedeutung haben, kann ebenfalls fündig werden. In einem „Lexikon der bedrohten Wörter“ zum Beispiel. Da stehen dann auch Wörter drin, die gerade erst im Begriff sind auszusterben wie „Vollbeschäftigung“.

Denn das ist nun einmal die traurige Erkenntnis: Was als Wort nicht mehr gebraucht wird, weil es zum Beispiel nicht oder kaum mehr vorkommt, das verschwindet aus dem gängigen Sprachschatz. Weshalb man wohl wirklich demnächst ins Grübeln kommen könnte, wenn zwar „Komasaufen“ im Duden steht, dafür aber das Wort „Sex“ raus gefallen sein sollte. Dann ist was ganz schief gelaufen.

pebe