Heimatkundliches Gemeindearchiv

Bilder aus vergangenen Tagen

Kirchliches und weltliches Brauchtum im bäuerlichen Leben, aufgeschrieben von Jakob Geiselbrechtinger

12Jakob Geiselbrechtinger„Der Poet von Birka“, so titelte der Dorfener Anzeiger am 28.04.2003 in einem Bericht über das Gebensbacher Original Jakob Geiselbrechtinger aus Birka. Geboren 1911 in Unterhochöd bei Moosen, wuchs er auf dem Bachmaier-Hof in Birka auf, den er bis zu seinem Ruhestand bewirtschaftete. Herausragend war seine Heimatverbundenheit. So war er Gründungsmitglied des Volkstracht-Erhaltungs-Vereins „d’Vilstaler“ Gebensbach e.V., in dem er viele Jahre bis zu seinem Tod 2005 als Schuhplattler, ­Zitherspieler und in der Tanzgruppe aktiv mitwirkte.

In seinem Ruhestand entdeckte er eine neue Leidenschaft und schrieb Gedichte und Liedtexte sowie eine sehr ausführliche Abhandlung über „das bäuerliche Leben vor der Jahrhundertwende und hernach“, die vor allem auch deshalb bemerkenswert ist, weil sie Begrifflichkeiten und Ausdrucksweisen sowohl im Dialekt als auch im Schriftdeutsch beinhaltet. Ein Teil dieser Abhandlung erstreckt sich auf das kirchliche und weltliche Brauchtum im bäuerlichen Leben, das wie eingangs erklärt wird, früher nicht mit dem 1. Januar, sondern an „Liameßn“ (Maria Lichtmeß, 2. Februar) begann.

Nachstehend die Aufzeichnungen von Jakob Geiselbrechtinger auszugsweise im Zitat:

Im Februar war zwischen „Liameßdog“ u. „Foschndog“ (d.h. zwischen dem 2. Februar und dem Faschings-Dienstag) die „Schlenklweih“. Da wurde an den Dienstag- u. Donnerstag-Nachmittagen von der ­Be­endigung der Mittags-Stallarbeit bis zum Beginn der Abend-Stallarbeit nicht gearbeitet. War ein früher Oster-Termin, so war diese Zeitspanne kurz und es war auch noch der Samstag-Nachmittag arbeitsfrei.

„Am Faschings-Dienstag gabs in der Früh für jeden ein Glasl Schnaps.

In der Fastenzeit war nicht nur der Freitag, sondern auch der Mittwoch ein fleischloser Tag.

Der Josefs-Tag war ein Festtag.

Am Palmsonntag war die Palmweihe. Die geweihten Palmzweige wurden am Oster-Sonntag auf die Ecken der Wintergetreide-Äcker gesteckt. Auch die Eierschalen von den geweihten Ostereiern wurden dazu gelegt. Ein „Guß“ Weihwasser kam auch dazu. Es wurde nämlich am Ostersonntag um die Felder gegangen und dabei Rosenkranz gebetet. Dieser Felder-Umgang wurde von jedem Haus einzeln gemacht. Wer am Palmsonntag in der Früh als letzter aufgestanden ist, wurde der „Palmesel“ genannt.

Auch am „Gschpeispfinsta“ (Gründonnerstag) war der letzte Aufsteher das „Gschpeispfinsta-Kaiwe“. Der Karfreitag war früher kein Feiertag! In der Kirchlichen Liturgie hieß es aber, man solle alle lärmenden Arbeiten unterlassen.

Am Ostersonntag durften die Dirnen die Eier, welche die Hennen an diesem Tag gelegt hatten, „otrogn“, d.h. sie gehörten Ihnen. Die Knechte bekamen die Eier vom Ostermontag. Der Osterdienstag (Nachmittag) war ein Bauernfeiertag (ein Ogschofta sagte man zu den Bauerfeiertagen).

Der Georgi-Tag war auch ein Bauernfeiertag.

Am 1. Mai war früher kein Feiertag!

Die (kirchlich) geschlossene Zeit dauerte von Aschermittwoch bis (einschl.) Weißen Sonntag (der Sonntag nach Ostern). Während der geschlossenen Zeit durfte keine öffentliche Tanzveranstaltung gehalten werden.

Wer am Pfingstsonntag als letzter aufgestanden ist, wurde der „Pfingstlümml“ genannt.

Der schöne Brauch, dass die Mädchen (Jungfrauen) bei der Fronleichnams-Prozession den Kranz trugen, ist ausgestorben.

Der „Sunnwenddog“ (24. Juni) war früher ein Festtag. Er war auch später noch ein Bauernfeiertag, wenn nicht gerade Heuarbeiten verrichtet werden mussten.

Der 4. Juli, das Fest des Hl. Ulrich war bei uns in Gebensbach ein Feiertag (Kirchen-Patrozinium).

Der nächste Bauernfeiertag war dann erst am 29. September (Michaeli).

Am 3. Sonntag im Oktober, zum Kirchweihfest wurden früher auch die Arnknecht, (die Ernte-Helfer) eingeladen. Meistens wurde ein Schwein geschlachtet, dazu noch ein paar Gänse oder Enten. Der Montag wurde auch noch als Feiertag gehalten, sowie auch der Dienstag-Nachmittag.

Am 28. Oktober (Simon) war wieder Bauernfeiertag.

War ein Knecht oder eine Dirn etwas weiter von seiner Heimat entfernt, so wurde schon beim Dienstantritt (austrogn) ausbedungen, dass sie auf Allerheiligen heimfahren dürfen.

Im November waren die Bauernfeiertage schon etwas mehr, aber sie wurden nicht alle gehalten. Bei einem Bauern dieser, beim anderen wieder ein anderer, je nachdem eine dringende Arbeit zu tun war.

Der 6. November (Leonhard), der 11. November (Martin), der 20. November (Korbinian), der 25. November (Katharina), der 30. November (Andreas), das waren lauter „Ogschofte“ (Bauernfeiertage). „Kathrein“ stellt den Tanz ein, hieß es früher, denn vom 1. Advent-Sonntag bis einschl. Hl.Dreikönig (6. Januar) durfte keine Tanzmusik gehalten werden.

Dass auch die „Ehoitn“ (Dienstboten) ein Weihnachtsgeschenk bekommen war auch früher schon Brauch.

Die Bauernfeiertage im Dezember: Am 6. Nikolaus, am 21. Thomas, am 27. Johannes, am 31. Sylvester. Der 8. Dezember (Maria Empfängnis) war früher ein Festtag. Das Christkindl- u. Neujahr-Anschießen war auch ein alter Brauch.

Im Januar war außer dem Fest Hl.Dreikönig nur noch der 20. (Sebastian) ein Bauernfeiertag.

An „Liameßn“ (Maria Lichtmeß) war es Brauch, dass die Knechte den Dirnen für das Aufbetten das ganze Jahr ein schönverziertes Wachsstöckl gekauft haben. Auch musste der Bursch seiner „Liebsten“ ein schönes Wachsstöckl kaufen.

Ich habe jetzt viele einzelne „Bauernfeiertage“ genannt, die früher auf dem Land gehalten wurden. Einen längeren, zusammenhängenden „Urlaub“ kannte man nicht. Auf einem Bauernhof mit Viehhaltung ist eben jeden Tag die Stall-Arbeit zu verrichten, vom 1. Januar bis 31. Dezember.

12Gemeindearchiv Gruppe

Diese Aufzeichnungen sowie unzählige weiter Dokumente aus dem Taufkirchener Gemeindebereich sind nachzulesen im Heimatkundlichen Gemeindearchiv in der Reckenbacher Straße. Öffnungszeiten unter www.taufkirchen.de/gemeindearchiv