Die große Freiheit

„Große Freiheit“ sollte Käutners Film aus dem Jahr 1944 mit dem legendären Hans Albers ursprünglich heißen. Das war den Nazis zu vielsagend, weshalb sie lieber die „Nr. 7“ als Hinweis auf ein Hamburger Etablissement auf der Reeperbahn hinzufügten und dann den Film ganz verboten. Was wohl eben auch am Titel lag. Denn mit der Freiheit haben die Menschheit an sich und Machthaber im Besonderen immer so ihre Probleme.

Doch während früher und beispielsweise in unserer Hemisphäre die Menschen vor allem erst einmal für ihre Freiheit kämpfen mussten, wie noch im 19. Jahrhundert für das Recht auf freie Meinungsäußerung und Frauen sogar im 20. Jahrhundert noch um ihr Recht wählen zu dürfen, scheint inzwischen die Freiheit fast grenzenlos zu sein. Und das nicht nur über den Wolken, wie es einst von Reinhard Mey besungen wurde.

Der mündige Bürger und jeder, der sich dafür hält, sie können jetzt nämlich hierzulande sogar Gesetze kippen, Reformen rückgängig machen und vielleicht sogar noch Großprojekte wie einen Bahnhof stoppen. Die Stichworte lauten „Rauchverbot“ in Bayern, „Schulreform“ in Hamburg, „Stuttgart 21“ Baden-Württembergische Landeshauptstadt. Demokratie von unten, so wird das gerne auch genannt, und man kann es im Rückblick auf die „guten, alten Zeiten“, als beispielsweise Monarchen noch sagten, wo es lang ging, und das dann oft genug in Katastrophen endete, eigentlich nur gut heißen, dass es das gibt.

Aber die „große Freiheit“ unserer Tage, die ja bei Schulreformen oder Bahnhöfen nicht aufhört, sie lässt manchen auch ein bisschen schaudern. Denn auf einmal vieles zu können, zu dürfen, das ist ja nur eine Seite der Medaille. Aber schauen wir doch einmal in unserem Lieblingswörterbuch nach, was da über die Freiheit steht. Demnach sei Freiheit ein Zustand, „in dem jemand von bestimmten persönlichen oder gesellschaftlichen, als Zwang empfundenen Bindungen o. Verpflichtungen frei ist und sich in seinen Entscheidungen o.ä. nicht (mehr) eingeschränkt fühlt“.

Von der Pressefreiheit ist dann natürlich noch die Rede, der Freiheit von Forschung und Lehre. Und auch die Parole der Französischen Revolution wird nicht vergessen, nämlich „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“. Das klingt ja alles schön und gut, doch es bleibt, wenn auch vielleicht erst nach längerem Nachdenken, trotzdem ein leichtes Unbehagen.

Denn spätestens seit wir wissen, was unsere Freiheit über den Wolken in vielen Urlaubsregionen angerichtet hat, sollte sich auch die Erkenntnis eingeschlichen haben, dass Freiheiten zu genießen auch heißt, Verantwortung zu haben. Und das nicht nur beim Reisen. Sondern auch in der Politik. Als Bürger eines demokratischen Staates. Und vor allem auch als Wohlstandsbürger. Ganz zu schweigen von den Freiheiten, die es inzwischen auch in zwischenmenschlichen Beziehungen gibt.

Die simple Erkenntnis sollte halt nicht unter den Tisch fallen, dass die Freiheit, die ich mir nehme, eben oft für einen anderen Menschen eine Einschränkung bedeuten kann. Weshalb wir zur Abwechslung mal nicht den alten Geheimrat Goethe sondern den Schriftsteller Christoph Hein zitieren. Der Gebrauch der Freiheit schließe Missbrauch immer ein, soll er gesagt haben. Da könnte man vielleicht mal drüber nachdenken.

pebe