Gaudiwurm

Es ist eine sehr kluge und begrüßenswerte Entscheidung, den Taufkirchener Faschingsumzug, der ja turnusmäßig erst im nächsten Jahr wieder auf dem Programm gestanden hätte, schon heuer zu veranstalten. Schließlich wäre es doch vielleicht ein wenig prekär, in einem Jahr, in dem mehr oder minder zeitgleich Kommunalwahlen stattfinden, einen Gaudiwurm durch die Straßen ziehen zu lassen. Auch wenn das in bayerischen Landen ja nicht wie in nördlicheren Gefilden – bevorzugt natürlich im Rheinland – bedeutet, dass deshalb mehr oder weniger der Ausnahmezustand angesagt wäre.

Dort heißt der Fasching erstens Karneval und zweitens wird er eher durchgängig vom Donnerstag, der Weiberfastnacht, bis zum Aschermittwoch und nicht selten auch bis zum Umfallen gefeiert. Und vor allem immer kostümiert und in den Straßen und Gassen, weil die Kneipen zumeist gar nicht die Menschenmassen fassen können. Nicht nur in der Hochburg Köln gibt es ja bekanntermaßen während dieser tollen Tage keine Sperrstunden mehr. Viele Produktionsstätten liegen dort und anderswo still, weil der rheinische „Jeck“ es so will.

Wohingegen im schönen Bayernland der Faschingsendspurt mit den auch nur in bestimmten Orten stattfindenden Umzügen eher ein wenig beschaulich daherkommt, sich das bunte Treiben vom „Unsinnigen Donnerstag“ bis zum „Rosenmontag“ doch schon unübersehbar vom rheinisch ausgelassen fröhlichen Karneval unterscheidet.

Darüber kann auch nicht hinwegtäuschen, dass es sowohl im Rheinland als auch mancherorts in Bayern den, zumindest vom Namen her, fast schon ein bisschen romantisch anmutenden „Veilchendienstag“ gibt. Obwohl er eine Erfindung aus Nordrhein-Westfalen sein soll und ursprünglich eine Gelegenheit für kleinere Umzüge in kleineren Orten geboten haben soll.

Wohingegen es einen Faschingszug, bei dem alle als Chinesen verkleidet sind, gemäß aktueller Recherche nur in Dietfurt an der Altmühl gibt. Auch die Dorfener Hemadlenzen in ihren weißen Nachthemden dürften wohl einzigartig sein. Ausgesprochenen Seltenheitswert haben auch die Schäfflertänzer wie in Taufkirchen an der eher ruhig plätschernden Vils und in der langen Münchener Tradition, allein schon wegen des siebenjährigen Turnus.

Und damit deutet sich schon an, was den Unterschied ausmachen könnte, warum die Faschingslaune in Bayern eher selten überschäumt. Denn wie auch zu anderen Gelegenheiten verbinden sich im bayerischen Fasching und auch bei den Umzügen oft die Traditionen und das Brauchtum mit der Faschingslaune und prägen vielerorts unübersehbar diese Tage vor dem Beginn der Fastenzeit. So zum Beispiel, wenn im Karwendel beim „Schellenrühren“ junge Burschen mit Kuhglocken und Masken den Winter vertreiben.

Davon ausgehend ist man fast geneigt zu vermuten, dass es die Menschen in Bayern allem Anschein nach einfach nicht nötig haben, beim Faschingsendspurt so zu tun, als wäre das für lange Zeit die letzte Gelegenheit für ausgelassene Fröhlichkeit. Vielleicht schauen sich viele Bayern das Faschingstreiben deswegen eher gelassen an, weil sie aufs Jahr so viele andere Gründe haben, fröhlich zu sein.

pebe