Zeugnisse

Sie wird in manchen Fällen sicher etwas getrübt, die Vorfreude auf die großen Ferien, die sich dann auch noch als etwas zu kurz herausstellen. Weil sie im Endeffekt immer zu kurz sind. Aber jetzt heißt es eben erst einmal eine Hürde nehmen, die unterschiedlich hoch sein kann und sich in eigentlich eher schnöden Zahlen ausdrückt. An denen sich nicht ablesen lässt, ob sie nicht durch das zufällige Zusammentreffen unterschiedlicher Faktoren zustande gekommen sind.

Wie zum Beispiel dem Geburtstag einer Freundin oder eines Freundes, vielleicht einem Sportereignis oder einem Konzert, in der jüngsten Vergangenheit natürlich in erster Linie virtuell zelebriert, auf der einen Seite. Weshalb dann vielleicht die Nacht zu kurz war, der Tag nicht gereicht hat für die eigentlich notwendigen Vorbereitungshandlungen, oft auch als Lernen bezeichnet.

Während auf der anderen Seite zur völlig falschen Zeit eine Prüfung, Schulaufgabe oder ähnliche schulische Foltermaßnahmen auf dem Stundenplan stand. Was im Ergebnis dann allerdings keinen Unterschied machte, die daraus resultierende Note hinterlässt dann immer auch ihre Spuren in diesem jetzt wieder ausgeteilten Jahreszeugnis und drückt damit die Stimmung in nicht wenigen Familien.

In erster Linie bei den zuständigen Elternteilen, wo nicht selten schon alles, was nach einer Drei kommt, für Sorgenfalten auf der Stirn sorgt. Um häufig in Zornesröte umzuschlagen, wenn die Note, selbst wenn man sie durch zwei teilt, keine Zwei mehr ist.

Und nicht nur wer von den besagten Elternteilen bei diesem kleinen Rechenbeispiel jetzt ins Grübeln kommt, sollte zumindest mal versuchen, sich an die eigenen Kindheits- und Jugendjahre zu erinnern. Im Zweifelsfalle kann ja ein Blick in den zumeist im hintersten Eck oder auf dem Speicher deponierten Ordner hilfreich sein, in dem Zeugnisse der eigenen Kindheit oder Jugend aufbewahrt werden.

Denn selbst wer jetzt zu der Minderheit gehört, die voller Stolz auf eine ermüdend unaufgeregte Reihe von Zahlen im Bereich von Eins oder Zwei blickt, wird sich vielleicht noch an das Bangen und Hoffen erinnern, das nach Prüfungen das Herz höher schlagen ließ. Obwohl es im Kopf und auf einer Wunschliste so viele andere Gründe gab, die auf sehr viel angenehmere Art für erhöhten Puls gesorgt hätten.

Vielleicht setzt die Erinnerung daran ein, dass es „damals“ noch so viel anderes gab, was gelernt und erforscht werden musste. Und viel aufregender war, als eine Aufzählung der Hauptstädte der EU-Länder. Oder der Satz des Pythagoras. Der sich noch nicht einmal für einen Anmachspruch auf einer Party eignete.

Es ist nicht einfach so, dass Kinder und folgende Jahrgänge unbedingt schlechte Noten haben wollen, um Erwachsene zu ärgern. Ihnen wäre es auch lieber, zu Hause nur strahlende Gesichter zu sehen. Aber manchmal klappt das einfach nicht. Gab es schlechte Tage. Andere Nöte. Fehlte jegliche Lust. Schließlich sind auch Kinder und Jugendliche nur Menschen. Die mitunter Unterstützung brauchen statt Ermahnungen. Und – man höre und staune – vielleicht sogar Verständnis statt Strafen.

Klingt vielleicht verwegen, aber die großen Ferien einfach nur als Grund zum Jubeln, das hätten sie sich in diesen Zeiten wirklich verdient.

pebe