Kinder wie die Zeit vergeht

Es ist keine Frage: Man sollte es besser unterlassen, schließlich besagt dies schon ein geflügeltes Wort in aller Klarheit. Dem Eigenlob werden einfach gewisse sehr unschöne Gerüche nachgesagt.

Weshalb an dieser Stelle kein Wort darüber verloren werden soll, dass der Kompass, den Sie jetzt gerade mal wieder lesen, zum bayerischen Amtsblatt Nummer Eins gekürt wurde. Keine Zeile darüber, dass im Gegensatz zu anderen Publikationen die Leserzahlen nicht etwa weniger wurden. Ganz im Gegenteil, er erfreut sich nach wie vor und trotz seines, für ein Printmedium erstaunlich hohen Alters großer Beliebtheit. Und das in Zeiten, in denen die Hälfte der Menschheit bevorzugt auf einem Smartphone herum zu wischen scheint.

Aber wenn so jemand 20 Jahre alt geworden ist, dann sollte es zumindest erlaubt sein, einen Blick zurück zu werfen. Auf die Zeit zum Beispiel, als das Geburtstagskind das Licht der Welt erblickte und zum ersten Mal aus der Druckerpresse kam. Wer weiß denn zum Beispiel noch, dass 1996 Helmut Kohl nicht nur Bundeskanzler war, sondern in jenem Jahr auch noch einen Rekord brach. Also als Amtsinhaber. Mit über 5.000 Tagen war er länger Bundeskanzler als je ein Amtsvorgänger. Und bis jetzt besteht auch keine Gefahr, dass dieser Rekord so schnell gebrochen wird. Zumindest nicht in den nächsten 1.000 Tagen.

Oder kann sich noch jemand an Dolly erinnern? Also nicht an die Country-Sängerin sondern an das Schaf, das nach ihr benannt wurde? Zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte war es geglückt, ein Tier zu klonen. Ein Schicksal, das übrigens dem Kompass erspart blieb. Auch wenn es in der zwanzigjährigen Geschichte immer wieder Versuche gab und bis heute noch gibt, auch ihn zu klonen.

Wohingegen wohl kaum jemand etwas dagegen hätte, wenn sich in einem ganz anderen Bereich Geschichte wiederholen würde. Schließlich hatte 1996 Deutschland in einem legendären Endspiel gegen Tschechien mit einem Golden Goal von Oliver Bierhoff die Fußball-Europameisterschaft in England gewonnen. Nachdem es Gastgeber England zuvor im Halbfinale im Elfmeterschießen bezwungen hatte.

Zu Zeiten also, als noch keine Zuschauer versuchten die Absperrungen zu überwinden, um mit zitternden Händen und dem Smartphone ein Selfie mit einem Fußballspieler zu machen, der 1996 gerade elf Jahre alt war und sich zum Glück noch nicht die Haare absolut wetterfest gelte. Das sollte jetzt vielleicht doch mal gesagt werden.

Apropos wetterfest. Er kam nie auf Glanz gegelt daher. Hat nie sein Mäntelchen nach dem Wind gehängt. Der Kompass ist seiner Linie treu geblieben. Hat stets Amtsdeutsch in verständliche Sprache übersetzt. Er hat allen Verführungen widerstanden, dem allgemeinen Trend folgend sich in irgendeiner Form irgendwelchen menschlichen Niederungen zu widmen.

Obwohl sich manche Leserin und mancher Leser vielleicht doch insgeheim eher eine Klatschkolumne für die erste Seite wünschen würde. Statt immer diese mitunter leicht kryptischen Auslassungen eines Menschen, der glaubt, zu wirklich allem und jedem etwas sagen zu müssen.

Aber schließlich ist nichts und niemand perfekt. Nicht einmal die Frisur des besagten portugiesischen Fußballspielers.

pebe