Wer ko der ko

Als ob es nicht schon schlimm genug wäre, dass die bairische Sprache immer weniger in seiner reinen Urform zu hören ist und somit ein weiteres Kulturgut unter dem weiß-blauen Himmel vom Untergang bedroht wird. Haben doch jetzt auch noch die Verantwortlichen des Duden, deutschlandweit eine der höchsten Sprachinstanzen, ein Wörterbuch ins Internet gestellt, mit dem Begriffe wie Stagediving oder Fakemail endgültig gesellschaftsfähig gemacht werden sollen.

Wodurch quasi eine Sprache einen offiziellen Anstrich erhält, die es insbesondere Jugendlichen ermöglicht, mit ihren Eltern oder auch anderen Erwachsenen zu kommunizieren ohne Gefahr zu laufen, von diesen verstanden zu werden. Kenner der Materie befürchten also nicht zu Unrecht, dass damit der Grundstein gelegt ist, in absehbarer Zeit erneut den Verlust eines großen Stückes sprachlicher Qualität beklagen zu müssen.

Denn während der auch in unserem schönen Heimatland immer gängiger werdende sprachliche Einheitsbrei aus andeutungsweisem Schriftdeutsch, Anglizismen und all dem „cool“, „geil“ und „voll fett“ sich vor allem dadurch auszeichnet, dass oft kaum noch richtig verständlich wird, was der Gesprächspartner überhaupt ausdrücken will, ist es doch gerade die bairische Mundart, die vielfach deutliche und stets verständliche Akzente setzt.

Sagt ein seiner Sprache noch mächtiger Bayer zum Beispiel, dass er „a saubers Madl“ gesehen hat, so ist dem Gegenüber mit ebenfalls bairische Sprachkenntnis natürlich sofort klar, dass nicht von einer gerade frisch gewaschenen, sondern ausgesprochen hübschen und attraktiven jungen Dame die Rede ist. Eine Aussage, die auf jeden Fall deutlich präziser ist als das allgegenwärtige Wort „geil“, das zwar für bald jede Person des so genannten Showbusiness angewandt wird, aber wohl keinerlei Rückschluss auf deren Äußeres zulässt.

Bei vielen Menschen ist im täglichen Sprachgebrauch wirklich nicht mehr nachvollziehbar, ob all das, was „cool“ ist, auch wirklich gelassen gesehen werden darf, weil es im Englischen doch auch für unverfroren steht. Kein Zweifel besteht dagegen, was ein Bayer ausdrücken will, wenn er zum Beispiel „geh weida“ sagt. Natürlich wird hier niemand zum fortgehen aufgefordert. Es wird hier ganz eindeutig einer gewissen Überraschung Ausdruck verliehen, deren Steigerung ob des gerade Gehörten sich dann zumeist in einem „varreck“ wieder findet, quasi als Komparativ.

Auch wenn einmal ein Ausdruck vieldeutig ist, so bleibt er im Bairischen letztendlich doch unmissverständlich in seiner Bedeutung. Zum Beispiel „basst scho“. Denn hier will der Bayer zwar ausdrücken, dass er etwas Gesagtem oder Getanem zustimmen kann. Aber je nach Aussprache und Gesichtsausdruck ist diese Zustimmung auf einer Skala von „gerade noch zu dulden“ bis „überhaupt kein Problem“ angesiedelt.

Und nicht einmal Orts- und Sprachfremde kämen auf die Idee, sich auf Zehenspitzen zu entfernen, wenn ihnen ein „gstandner“ Bayer ein „schleich di“ entgegen geschleudert hat. Hier ist einfach angesagt, möglichst schnell das Feld zu räumen, welcher Geräuschpegel auch immer damit verbunden ist.

Selbst auf einem bayerischen Parteitag braucht man zur Applausanimation keine Anleihen von einem amerikanischen Präsidenten. Statt eines „yes we can“ ist der urbairische Ausdruck „wer ko der ko“ allemal origineller. Die Parole könnte also lauten: Sag‘s treffender, red‘ bairisch.

pebe