Forensik der kbo-Klinik Taufkirchen (Vils) in der Kritik

Die Forensik des kbo-Isar-Amper-Klinikums Taufkirchen (Vils) wurde in den vergangenen Wochen in den Medien und der Öffentlichkeit heftig kritisiert. Angebliche Gesetzesbrüche, mangelnde Kontrollen und zu wenig Transparenz wurden den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Klinik Taufkirchen vorgeworfen.

Verena Klein

Mit der Ärztin Verena Klein, Leiterin des Maßregelvollzugs in Taufkirchen seit Juli 2013, sprachen wir über die aktuelle Berichterstattung und die darin genannten Vorwürfe.

Kompass: Frau Klein, in den vergangenen Wochen wurden gegenüber der Klinik Vorwürfe erhoben, Patienten seien ungenügend behandelt und zudem auch unnötigerweise fixiert worden. Was sagen Sie dazu?

Verena Klein: Die Berichterstattung in den Medien war sehr verkürzt und nur auf die scheinbar negativen Vorfälle konzentriert. Manche Berichterstattungen haben auch keinen Unterschied zwischen Maßregelvollzug und der Allgemeinpsychiatrie gemacht. Zudem konnten wir zu vielen der erhobenen Vorwürfe gar keine Stellungnahme abgeben, da wir an die Schweigepflicht gebunden sind. Ohne die Zustimmung des jeweiligen Patienten dürfen und möchten wir keinerlei Informationen zur Erkrankung und zur Therapie geben.

Kompass: Ein Vorwurf lautet, dass Sie in der Klinik Patien­tinnen sehr lange fixieren. Warum sind Fixierungen überhaupt notwendig?

Klein: Fixierungen werden nur dann angeordnet, wenn alle anderen deeskalierenden Maßnahmen nicht gegriffen haben und werden nur im Falle eines akuten, mit anderen Hilfsangeboten nicht mehr abwendbarem selbst- oder fremdgefährdenden Verhalten eines Patienten angeordnet. Jede Zwangsmaßnahme wie beispielsweise eine Fixierung wird an drei Stellen dokumentiert: durch das Anordnungsblatt, in der Verlaufsdokumentation und in der Pflegedokumentation. Jede mechanische Beschränkung wird ärztlich angeordnet und kontrolliert. Auch im Vergleich zu anderen Kliniken sind die Fixierungszahlen nicht höher, eher im Gegenteil. Aber ich möchte betonen, dass unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter intensiv geschult sind, deeskalierend auf den Patienten einzuwirken.

Kompass: Welche Patientinnen behandeln Sie denn in der Forensik?

Klein: Man muss sich immer vor Augen halten, dass in der Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie in Taufkirchen Patientinnen untergebracht sind, die in einer akuten Phase ihrer psychischen Erkrankung oder im Rahmen ihrer Suchterkrankung straffällig geworden sind (beispielsweise gefährliche Körperverletzung, Brandstiftung, Drogenhandel) und bei denen weiterhin infolge ­ihrer Erkrankung Straftaten zu erwarten sind und somit eine Gefährlichkeit fortbesteht. In Taufkirchen werden 154 psychisch und suchtkranke Straftäterinnen behandelt. Wir sind die zentrale Einrichtung für Frauen in Bayern.

Kompass: Wie gehen denn die Mitarbeiterinnen und Mit­arbeiter mit diesen Patientinnen um?

Klein: Wir haben zum Glück sehr engagierte und motivierte Mitarbeiter, die sehr gut ausgebildet sind und regelmäßig an Fortbildungen und Deeskalationsschulungen teilnehmen. Die langjährige Erfahrung und die gesammelte Kompetenz sind entscheidend für eine gute Therapie.

Kompass: Besteht eine Gefahr für die Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde Taufkirchen (Vils) durch die Patientinnen?

Klein: Ausdrücklich nein, da können wir die Menschen beruhigen. Die Patientinnen werden intensiv betreut und durchlaufen verschiedene Lockerungsstufen. Bevor eine Patientin zum Beispiel Geländeausgang genehmigt bekommt, muss sie deutliche Therapiefortschritte erreicht haben. Unsere Aufgabe besteht darin, dass wir die Patientinnen sichern und bessern.

Kompass: Der Klinik wurde auch vorgeworfen, nicht transparent zu arbeiten. Stimmen diese Vorwürfe?

Klein: Dem möchte ich ausdrücklich widersprechen, genau das Gegenteil stimmt. Die forensische Klinik Taufkirchen ist eine transparente Einrichtung, die sich der öffentlichen Diskussion stellt und die aufgeworfenen Fragen ernst nimmt. Regelmäßig besucht die Besuchskommission der Regierung von Oberbayern die Klinik und prüft Anregungen und Kritik der Patientinnen. Die Mitglieder der Kommission sprechen mit den Patientinnen, wenn die Patien­tinnen dies wünschen.

Im vergangenen Jahr hat die Klinik zu einem runden Tisch eingeladen, um im Dialog mit allen Beteiligten offene Fragen zu klären und Lösungen zu finden. Daneben führen wir regelmäßig Informationsveranstaltungen für Angehörige und ihre Partner durch. Es entspricht unserem Selbstbild und Anspruch, kontinuierlich zu überprüfen, wo und wie wir uns verbessern können. Dies ist unabhängig von den derzeitigen Vorwürfen, auch wenn wir diese – wie dargelegt – ernst nehmen.

Kompass: In den Medien wurde der Vorwurf erhoben, dass die Patientinnen sehr unzufrieden seien.

Klein: Unsere Arbeit ist gut und wird seitens der Patien­tinnen auch so eingeschätzt. Das zeigen unsere regelmäßigen anonymen Patientinnenbefragungen, die wir als eine der wenigen forensischen Kliniken durchführen. Die Ergebnisse, die wir öffentlich vorgestellt haben, zeigen eine hohe Zufriedenheit. Für diese Befragungen haben wir auch den Metrik-Award erhalten. Natürlich gibt es auch Patientinnen, die unzufrieden sind. Aber bedenken Sie dabei, dass es sich um psychisch kranke und suchtkranke Straftäterinnen handelt, die zu der Unterbringung verurteilt wurden und sich nicht freiwillig in Therapie begeben haben.

Kompass: Frau Klein, wir danken für das Gespräch.