„Cilly“-Fest – Geschichte eines Feuerwehr-Oldtimers

Vom 3. bis 6. Juli 2003 feiert die Freiwillige Feuerwehr
Taufkirchen(Vils) mit einem Fest den 60. Geburtstag ihres Feuerwehr-Oldtimers „Cilly“.
Das ausführliche Programm finden Sie bei den Terminen.

Die
Geschichte der „Cilly“ bietet genügend interessante
Details, um nachfolgend erzählt zu werden. Sie konnte aus
Platzgründen in der gedruckten Kompass-Ausgabe 06/03 nicht
veröffentlicht werden.

Die Geschichte der Cilly

Die „Cilly“, ein
schweres Löschgruppenfahrzeug
Mercedes L 3000 S LF 15 hat eine recht bewegte Vergangenheit. Die „Cilly“ war
das erste Löschfahrzeug, das die Freiwillige Feuerwehr Taufkirchen
erhielt – am Hl. Abend des Jahres 1943.

Mit der Herstellung
dieses Fahrzeuges war die Fa. Klöckner
Humboldt/Deutz AG Magirus Feuerwehrgerätebau in Ulm beauftragt.
Wegen umfangreicher Wehrmachtsaufträge und daraus resultierenden
Produktionsengpässen konnte jedoch bei der Fertigung kein
Klöckner-Deutz-Fahrgestell verwendet werden, und der Aufbau
musste deshalb auf einem Daimler Benz L 3000 Fahrgestell erfolgen.

Das Fahrzeug war am 10. November 1943 von der Daimler
Benz AG Mannheim ausgeliefert worden und wurde am 27. Januar 1944
für die Feuerwehrkompanie
der Wehrmacht mit dem Standort Taufkirchen zugelassen. Die Zulassung
auf die Gemeinde Taufkirchen(Vils) erfolgte erst am 20. Mai 1947.

Das
LF 15 hatte eine Motorleistung von 75 PS bei einem Hubraum von
4898 ccm. Es war mit einer Feuerlöschpumpe, die eine Leistung
von 1500 l/min hatte, bestückt und mit einem 400 Liter umfassenden
Wassertank ausgestattet. In der Mannschaftskabine hatten neben
dem Fahrer noch 8 Personen Platz und auf dem Dach befanden sich
eine 2-teilige Schiebeleiter und eine 4-teilige Steckleiter.

Der
Kaufpreis für dieses Fahrzeug betrug damals 20.042,70
Reichsmark.

Ursprünglich war dieser Fahrzeugtyp für
den Kriegseinsatz in Afrika vorgesehen, ein Teil der Fahrzeuge
wurde
jedoch während
des Krieges für Löschzwecke umgerüstet.

Wie die damals
noch relativ kleine Gemeinde Taufkirchen(Vils) mitten im zweiten
Weltkrieg zu dem Fahrzeug gekommen ist und unter welchen
Kriterien die Feuerwehrfahrzeuge seinerzeit verteilt wurden, lässt
sich heute nicht mehr nachvollziehen. Sehr wahrscheinlich ist es
jedoch, dass der damalige Ortskommandeur Hans Haberl durch Beziehungen
dafür gesorgt hat, dass dieses Fahrzeug in Taufkirchen und
nicht bei der Feuerwehr Dorfen, die, so wird erzählt, das
Fahrzeug ebenfalls haben wollte, stationiert wurde.

Nachforschungen
ergaben jedenfalls, dass die Feuerwehrfahrzeuge in Vilsbiburg verteilt
wurden. Der Antransport erfolgte mit der
Eisenbahn und am Taufkirchener Bahnhof konnte dann das Fahrzeug
wie bereits erwähnt, am 24. Dezember 1943, also am Hl. Abend
in Empfang genommen werden. Das Fahrzeug wurde durch den damaligen
Gerätewart Hans Schneider abgeladen und geholfen haben ihm
dabei damals seine beiden Lehrlinge Erwin Liebl und Sepp Finauer,
die sich in den darauf folgenden Jahren bei der Feuerwehr sehr
verdient gemacht haben. Hans Schneider war vom Kriegsdienst freigestellt,
denn er musste in seiner Kraftfahrzeugwerkstätte, die sich
an der Dorfener Straße befand, Militärfahrzeuge instand
setzen. Dies brachte es zwangsläufig mit sich, dass Hans Schneider
auch Maschinist des neuen Feuerwehrautos LF 15 wurde.

Hans Schneider
war bis dahin auch schon Maschinist der Flader-Motorspritze und
nachdem er mehr Zeit mit diesem Löschgerät als mit
seiner Ehefrau Cäcilia verbrachte, spöttelte man „da
Schneida hot a zweite Cilly“. Genauso viel Zeit wurde von
Hans Schneider dann für das Löschfahrzeug aufgewendet,
so dass es dann hieß, „da Schneida hot a neue
Cilly
“.
Dieser Name blieb an dem Fahrzeug haften und für jeden, der
mit der Feuerwehr etwas zu tun hatte, war die „Cilly“ ein
Begriff.

Die damalige Zuteilung dieses Löschgruppenfahrzeuges
war kein Weihnachtsgeschenk sondern mit einer schweren Aufgabe
verbunden,
denn die Feuerwehr wurde im Weltkrieg bei Bombenangriffen stets
zur Löschhilfe in die Landeshauptstadt München gerufen.
Wie anstrengend, aufreibend und gefährlich diese Einsätze
waren, davon konnten Hans Haberl, Johann Krug, Johann Schneider
und Georg Schuster vor ihrem Tod noch spannende Geschichten erzählen.
So ist u.a. überliefert, dass bei Nacht mit Tarnlicht gefahren
und bei Nebel ein Feuerwehrmann mit einer Handlampe vorausgehen
musste. Nicht selten musste die Mannschaft im Bombenhagel Schutz
unter dem Fahrzeug suchen. Dabei wurde das Fahrzeug bei einem Einsatz
in München/Giesing auch einmal von einem Bombensplitter getroffen,
der im Pumpenraum aufgefunden wurde. Dieser Splitter wurde von
Hans Schneider aufbewahrt und kurz vor seinem Tod dann der Feuerwehr
als Erinnerungsstück übergeben.

Nachdem die „Cilly“ den
Krieg überstanden hatte,
diente sie der Taufkirchner Feuerwehr als Löschfahrzeug. Untergebracht
war sie in einer Garage beim Anwesen Birnkammer an der Landshuter
Straße gefahren wurde das Löschfahrzeug zunächst
durch Hans Schneider und später vorwiegend durch Willi Schmitt.
Ausgerückt wurde damals auch noch mit der Flader-Spritz`n,
die von dem Hansa-Lloyd Lastwagen der Guts- und Brauereigenossenschaft
gezogen wurde. Die Flader-Motorspritze wurde dann 1957 durch einen
Tragkraftspritzenanhänger ersetzt und 1958 hat man von der
Feuerwehr Altenerding einen Wehrmachts-Dodge erworben. Der Dodge
wurde mit einer Schlauchhaspel ausgestattet und diente zum Mannschaftstransport
sowie als Zugfahrzeug für den Tragkraftspritzenanhänger.
1962 erhielt die Feuerwehr Taufkirchen dann ein Tanklöschfahrzeug,
das TLF 16, so dass man für die damalige Zeit dann recht gut
ausgerüstet war.

Die „Cilly“ war ein zuverlässiger
Bestandteil dieser Ausrüstung und erst nach 28 Jahren, im
Jahr 1971 musste sie wegen erheblicher Sicherheitsmängel aus
dem Verkehr gezogen und durch ein neues Löschfahrzeug, ein
LF 16 TS ersetzt werden.

Am 26.08.1971 erwarb der Fuhrunternehmer
Anton Fürmetz den
ausgemusterten Feurwehrveteran, hielt ihn noch mehrere Jahre fahrbereit
und besuchte damit Oldtimertreffen und Feuerwehrfeste. Nach dem
plötzlichen Tod von Anton Fürmetz wurde die „Cilly“ zunächst
vernachlässigt und aus Platzgründen stand das Fahrzeug
einige Jahre im Freien. Die Familie Fürmetz gab schließlich
das Feuerwehrauto wieder der Feuerwehr zurück, mit der Bitte,
es für die Nachwelt zu erhalten.

Das Fahrzeug faulte und rostete
dann noch einige Jahre in einer Garage des Landwirts Georg Lechner
in Kirchlern vor sich hin, bis
sich mehrere aktive und passive Feuerwehrmitglieder erbarmten und
1989 mit der Restaurierung begannen.
Daraus erwuchs eine äußerst schwierige Aufgabe, denn
der Holzaufbau war sehr in Mitleidenschaft gezogen und musste zum
Großteil erneuert werden. Teil für Teil wurde nachgefertigt,
was viel Mühe und Geduld sowie unzählige Arbeitsstunden
erforderte.

Auch die technische Instandsetzung war sehr arbeitsintensiv.
So mussten die Bremsen komplett erneuert werden, und große
Probleme bereitete auch die Reparatur der Wasserpumpe, die ausgeschlagen,
heiß gelaufen und undicht war. Ebenso war eine komplette
Erneuerung der elektrischen Anlage erforderlich. All diese Arbeiten
konnten nur unter Einsatz verschiedenster Fachkräfte, wie
Schreiner, Mechaniker und Autoelektriker, bewältigt werden.

Schwierigkeiten
bereitete oftmals die Beschaffung von Ersatzteilen, und man musste
hierzu bei unzähligen Firmen nachfragen. Nur
aufgrund der Unterstützung mehrerer Taufkirchener Geschäfte
und Handwerksbetriebe, die der Feuerwehr Sach- und Finanzspenden
gewährt haben, war es überhaupt möglich, diese Restaurierung
durchzuführen. Besonders Feuerwehrreferent Gerold Wildner
griff den Restaurateuren mehrmals mit einem Geldbetrag unter die
Arme und der Sohn des letzten Besitzers, Anton Fürmetz stiftete
eine komplett neue Bereifung.

Die Restaurierungsarbeiten erforderten
großen Idealismus
und viel Engagement, verbunden mit einem enormen Zeitaufwand. Allen
daran Beteiligten sei an dieser Stelle namentlich gedankt:

Josef
Heilmeier
Norbert Koppenwallner
Hermann Hoffmann
Anton Lechner
Florian Lechner
Helmut Lechner
Norbert Saler
Peter Schmidbauer
Willi Schmitt jun.
Stephan Scholz
Alois Sinseder
Peter Paul Wegmann

Der krönende Abschluss mehrjähriger
Restaurierungsarbeiten wurde dann am 23. September 1995 gebührend
gefeiert. Im Beisein von Bürgermeister Konrad Maier, zahlreicher
Ehrengäste
und der kompletten Mannschaft wurde dem Feuerwehroldtimer durch
Geistl. Rat Pfarrer Thomas Zeitler der kirchliche Segen erteilt.
Bürgermeister Konrad Maier lobte die Leistung der Floriansjünger
und sprach ihnen Dank und Anerkennung aus. Als Präsent überreichte
er ihnen alle im Archiv der Gemeinde aufgefundenen Unterlagen über
die „Cilly“, insbesondere den original Fahrzeugbrief,
und er wünschte der Feuerwehr allzeit gute Fahrt zu möglichst
vielen freudigen Anlässen.

Am darauffolgenden Sonntag, den
24. September 1995 wurde dann das in neuem Glanz erstrahlende Fahrzeug
der Öffentlichkeit im
Rahmen eines Tages der offenen Tür präsentiert. Die „Cilly“ fand
bei den zahlreichen Besuchern großen Anklang und ist mittlerweile
nicht nur für Feuerwehrinsider sondern für die ganze
Bürgerschaft ein mit dem Erhalt historischer Güter verbundenen
Begriff geworden. So ist es nicht nur Verpflichtung sondern eine
Selbstverständlichkeit, das historische Feuerwehrfahrzeug „Cilly“ LF
15 auch für nachfolgende Generationen als Relikt vergangener
Zeiten zu erhalten.