„Danke, gut …“

Haushaltslöcher in Berlin und anderswo, die sofort
neue Steuer- oder Gebührenerhöhungen ins Gespräch
bringen. Unsichere Renten und sichere Pleiten, Pech und Pannen in
allen Bereichen. Und dann auch noch die Angst, dass Deutschland
auf der Suche nach dem Superstar den lustigen kleinen Daniel aus
dem Kader der Bohlen-Mannschaft schmeißen könnte. Die
Hiobsbotschaften reißen nicht ab, nein, es werden täglich
mehr und das insbesondere nach einem Gespräch mit einer Nachbarin
oder einem Nachbarn. Denn die oder der kennen jemanden, der wahrscheinlich
seinen Arbeitsplatz verlieren wird, einen seltsamen Schmerz in der
Magengegend verspürt oder überraschend gestorben sein
soll. Und das, wo doch gerade die ärztliche Grundversorgung
auf der Kippe steht.

Glaubt man dem, was zur Zeit alle Spatzen von den Dächern
pfeifen, dann steht Deutschland am Abgrund und wir alle natürlich
mittendrin. Und die Pharma-Industrie boomt, weil sie Pillen herstellt,
die im Fachjargon so beruhigend Tranquilizer genannt werden. Manchmal
möchte man morgens gar nicht erst aufstehen. Und wenn man es
trotzdem tut und dann jemanden trifft, der auf die wohlmeinende
Frage, wie es ihm gehe, unverschämterweise lapidar „danke,
gut …“ antwortet, ist der Tag vollends versaut.

Nicht dass man es ihm nicht gönnen würde.
Aber irgendwie ist momentan nicht die richtige Zeit dafür.
So überraschend wie die deutsche Nationalelf im vergangenen
Jahr Vizeweltmeister wurde, so unvermutet sind wir jetzt Weltmeister
in der Disziplin Jammern geworden. Unentwegt schauen erschöpfte
Augen in eine Fernsehkamera und der dazugehörige Mund erzählt
uns, was jetzt schon wieder schief gelaufen ist. Ein Trend, der
natürlich von allen Medien gefördert und tatkräftig
unterstützt wird. Familien werden ins Bild gerückt und
ein Vater darf mit Verzweiflung im Gesicht sagen, dass jetzt nichts
mehr wie früher sei. Wegen der Steuererhöhungen. Und dann
stellt sich heraus, dass sich das 35.000 Euro-Einkommen dieser armen
Familie im Jahr 2003 um 122,38 Euro verringern wird.

Doch während die Mehrheit dieses Mal nicht schweigt
sondern jammert, sind durchaus auch schon Ansätze für
eine Gegenbewegung zu verzeichnen. „Ja, wir schaffen das“
titelt eine Monatsschrift und stellt ein „Optimistisches Manifest“
auf, fordert den Kampf gegen den Pessimismus. Und das ist gut so.
Denn seltsamerweise jammern nicht die am meisten, deren Existenz
vernichtet ist, die im Sinne des Wortes auf der Straße stehen.
Nein, am lautesten ist das Wehklagen bei jenen, die um ihre Mitgliedschaft
im Golfclub bangen, die sich Sorgen machen um den Unterhalt ihres
Zweit-Domizils in der Toscana. Und der Rest sind wieder einmal Mitläufer.

Ja, es ist vieles im Argen. Aber wenn sich jetzt alle
hinsetzen und heulen, ändert sich daran überhaupt nichts.
Es müssten einfach wieder mal die Ärmel hochgekrempelt
und die Amtstuben und Konzernetagen gut durchgelüftet werden.
Und zwar überall und von allen. „Ein Pessimist ist ein
Mensch, der sich über schlechte Erfahrungen freut, weil sie
ihm recht geben.“ Hat Heinz Rühmann gesagt. Stimmt, möchte
man da ausrufen. Denn in der Rechthaberei haben wir auch das Zeug
zum Weltmeister.      pebe