Darstellung des bisherigen Verfahrensablaufs

• Am 2. Januar 2003 hat das Bezirkskrankenhaus
in einem ersten Gespräch der Gemeinde Taufkirchen(Vils) die Überlegungen
zur Erweiterung der Forensik vorgetragen. Am gleichen Tag fand
ein Pressegespräch statt, bei dem die Situation folgendermaßen
dargestellt wurde:

Durch die Überbelegung der Taufkirchener
Frauenforensik (62 Planbetten, jedoch 73 Patientinnen) ist
ein Neubau dringend erforderlich. Der Neubau ist aus wirtschaftlichen
Gründen für 46 Frauenforensikplätze nicht
möglich, deshalb sollte auch eine Männerforensikstation
mit max. 30 Betten angegliedert werden. Es sollen nur Patienten
nach § 64 StGB untergebracht werden, das sind Suchtkranke
(Alkohol und Drogen) mit suchtbezogenen Delikten wie z.B.
Beschaffungskriminalität. Männer, die wegen Mord,
Totschlag, minderschwerem Fall des Totschlags und wegen Straftaten
gegen die sexuelle Selbstbestimmung verurteilt wurden, werden
nicht aufgenommen.

• Am 25.02.2003 wurde dem Gemeinderat das Vorhaben durch die Krankenhausleitung
erstmals vorgestellt.
Der Gemeinderat entschied, vor einer gemeindlichen Stellungnahme
die Bevölkerung im Rahmen einer Bürgerversammlung zu
informieren und zu hören.

• Am 12. April 2003 fand im Taufkirchner Bezirkskrankenhaus
ein Informationstag zum Thema Forensik statt.

• Die Bürgerversammlung der
Gemeinde Taufkirchen(Vils) fand am 15.04.2002 im Bürgersaal
statt. Die Krankenhausleitung gab an diesem Abend bekannt, dass
sich der Gesundheitsausschuss
des Bezirks am 17.03.2003 zum ersten Mal mit der Sache befasst
hat. Von einer Grundsatzentscheidung für den Bau der Männerforensik
war hier nicht die Rede.

• Der Columbus-Achter befasste sich am 30.04.2003
mit dem Thema Männerforensik; hierzu der Originalwortlaut
des Protokolls:

Herr Traber bittet die Mitglieder um eine Stellungnahme.
Die meisten Mitglieder sind der Ansicht, dass zwar ein Bedarf zur
Erweiterung
der Frauenforensik bestehe, dass aber auf der anderen Seite die
zusätzliche Einrichtung einer Männerforensik eine Imageschädigung
für Taufkirchen bedeuten würde (Werteverlust für
Neuzuzug, Immobilienschwächung…). Frau Puschmann sieht keine
Gefahr, weil nach ihrer Ansicht bisher kaum negative Erfahrungen
mit Patienten des BKH gemacht wurden. Insgesamt kommt das Gremium
zu dem Entschluss, dass man auf alle Fälle einen Bürgerentscheid
durchführen solle, um Klarheit zu schaffen, wie die Bevölkerung
dazu steht.

Es wird nochmals darauf hingewiesen, dass der Gemeinde
erst beim Bauantrag eine rechtliche Bedeutung zustehe.

• Der Bezirk
Oberbayern bot der Gemeinde Taufkirchen (Vils) eine Grundbucheintragung
an. Auszug aus dem Schreiben des Bezirkstagspräsidenten
vom 05.05.2003:

„Konkret ist u.a. in der Bürgerversammlung
angesprochen worden, inwieweit auf eine Zusage des Bezirks im Hinblick
auf die Unterbringung
von männlichen Forensikpatienten ausschließlich auf
der Basis des § 64 StGB (Suchtdelikte) ohne massive Gewalt-
und Sexualproblematik Verlass ist. In diesem Zusammenhang kann
ich Ihnen ausdrücklich anbieten, mit der Gemeinde eine vertragliche
Regelung abzuschließen, die man auch zusätzlich dinglich
absichern könnte. Auch das Bayer. Staatsministerium für
Arbeit und Sozialordnung hat mir gegenüber bereits mündlich
signalisiert, dass es einem solchen Vertrag positiv gegenübersteht.
Etwas ähnliches hat bereits die Gemeinde Parsberg mit dem
Bezirk Oberpfalz erfolgreich praktiziert.“

• Obwohl der Gemeinderat
weder verfahrens- noch gesundheitsrechtlich ein Mitspracherecht
bei der Errichtung der Männer-Forensikstation
hat, wurde das Thema in der öffentlichen Gemeinderatssitzung
vom 6. Mai 2003 behandelt. In der lange geführten Diskussion über
das geplante Vorhaben kam deutlich zum Ausdruck, dass eine Zustimmung
zur Männerforensik nur unter bestimmten Einschränkungen
erfolgen würde. Mit 11 zu 9 Stimmen sprach sich der Gemeinderat
für die Errichtung der Männer-Forensikstation aus. An
den Beschluss wurden folgende Auflagen gebunden:

  • Zustimmung nur mit der Maßgabe, dass
    eine Nutzungsbeschränkung
    auf Patienten nach § 64 StGB ohne Patienten mit schwerer
    Gewalt- und Sexualdelinquenz erfolgt,
  • dass diese Einschränkung im Grundbuch
    durch Eintrag einer beschränkt-persönlichen Dienstbarkeit
    gesichert wird und
  • dass die dingliche Sicherung auch für
    die Zahl von max. 30 Plätzen festgeschrieben wird.

§ 64 StGB Unterbringung in einer
Entziehungsanstalt
(1)
Hat jemand den Hang, alkoholische Getränke oder andere
berauschende Mittel im Übermaß zu sich zu nehmen,
und wird er wegen einer rechtswidrigen Tat, die er im Rausch
begangen hat oder die auf seinen Hang zurückgeht,
verurteilt oder nur deshalb nicht verurteilt, weil seine Schuldunfähigkeit
erwiesen oder nicht auszuschließen ist, so ordnet das Gericht die Unterbringung
in einer Entziehungsanstalt an, wenn die Gefahr besteht, dass er infolge seines
Hanges erhebliche rechtswidrige Taten begehen wird.

Anmerkung: In der Zeit vom 16. April
2003 bis 5. Mai 2003 wurde nur eine schriftliche
Stellungnahme eines Gemeindebürgers
im Rathaus abgegeben, der sich deutlich gegen die Männerforensik
ausgesprochen hat.

• Am 28. Juni 2003 konnte man der Tagespresse
entnehmen, dass sich einige Bürgerinnen und Bürger zusammengetan
hatten, um eine Bürgerbefragung durchzuführen. Die Unterschriftenaktion „Sind
Sie für die Errichtung einer Männerforensik im Bezirkskrankenhaus
Taufkirchen(Vils)?“ hatte laut Presseberichterstattung das
Ziel, die Stimmung in der Bevölkerung zu verdeutlichen.

• Die
Gemeinderäte Attenhauser, Christofori, Elas, Götzberger,
Langmeier, Obermaier und Zeilbeck beantragten am 13.07.2003 gemäß Art.
46 Abs. 2 GO, unverzüglich eine Gemeinderatssitzung zum Thema
Männerforensik einzuberufen: Bei der Sitzung sollen die Unterschriftenlisten
zur Bürgerbefragung übergeben und das Ergebnis dieser
Befragung bekannt gegeben werden. Alle Bürger, die das Wort
dazu wünschen, sollen gehört werden. Die Räte bitten
darum, dass nach Kenntnis neuer Fakten über die Aufhebung
des Beschlusses gesprochen und evtl. ein neuer Beschluss gefasst
wird.

• Am 14.07.2003 erhielt die Gemeinde Taufkirchen(Vils)
vom Bezirk Oberbayern die Sitzungsvorlagen für die öffentliche
Sitzung des Werkausschusses für das Bezirkskrankenhaus Taufkirchen(Vils)
am 21.07.2003. Der Beschluss des Gesundheitsausschusses vom 17.03.2003
lag bei:

„Im Hinblick auf die Dringlichkeit der Schaffung
neuer Standorte für forensische Abteilungen in Oberbayern
und der dauernden Überbelegung
der Frauenforensik am Bezirkskrankenhaus Taufkirchen(Vils) befürwortet
der Bezirk Oberbayern, dass auf dem Gelände des Bezirkskrankenhauses
Taufkirchen (Vils) ein Neubau errichtet wird. Dieser Neubau, bei
dem moderne Sicherheitskenntnisse zu berücksichtigen sind,
soll 46 Behandlungsplätze für nach § 63 und § 64
StGB untergebrachte Frauen und 30 Behandlungsplätze für
nach § 64 untergebrachte Männer ohne schwere Gewalt-
und Sexualdelinquenz umfassen.

Die Gemeinde Taufkirchen (Vils) und
ihre Bürgerinnen und Bürger
sind zur Erhaltung der guten Zusammenarbeit mit dem Bezirkskrankenhaus
Taufkirchen (Vils) vor einer endgültigen Entscheidung in geeigneter
Weise zu beteiligen.

Die Verwaltung wird beauftragt, gemeinsam mit
der Leitung des Bezirkskrankenhauses Taufkirchen(Vils) unter Berücksichtigung
der Interessen der Gemeinde Taufkirchen (Vils) beim Sozialministerium
die Zustimmung
zu diesem Projekt/zu dieser Konzeption zu erwirken, mit dem Ziel
einer baldmöglichsten Realisierung.

Abstimmungsergebnis: 13:0
– einstimmig“

• Am 16.07.2003 erhielt die Gemeinde ein Schreiben
des Bezirks Oberbayern per FAX übermittelt, in dem der Abteilungsleiter
der Bezirksverwaltung, Ernst Brinckmann, ausdrücklich bestätigt,
dass es bei der Beschlussfassung im Werkausschuss des Bezirkskrankenhauses
Taufkirchen(Vils) am Montag, 21.07.2003, nicht um die Grundsatzentscheidung
für oder gegen den Ausbau der Forensik in Taufkirchen(Vils)
geht. Dieser Beschluss sei bereits im März 2003 gefasst worden. „Die
Tagesordnung für den 21.07.2003 ist die konsequente Um- und
Fortsetzung dieser Grundsatzbeschlussfassung“
.

• Am folgenden
Tag, dem 17.07.2003 wurde ein Pressebericht in der Süddeutschen
Zeitung abgedruckt über ein Gespräch,
das ein Mitarbeiter der SZ mit Herrn Brinckmann führte. Zitat: „Die
Entscheidung ist bereits im März gefallen“
.

• Bürgermeister
Franz Hofstetter verlangte noch am 17.07.2003 schriftlich eine
Stellungnahme des Bezirkstagspräsidenten
Jungwirth zur Aussage von Herrn Brinckmann.

• Im Antwortschreiben
des Bezirkstagspräsidenten wurde wieder
darauf hingewiesen, dass ein Grundsatzbeschluss des Bezirkes Oberbayern über
die Absicht, eine Forensik in Taufkirchen(Vils) neu zu bauen, zu
treffen war. Die Entscheidung darüber liegt nach der Geschäftsordnung
des Bezirkes beim Gesundheitsausschuss.

• Anlässlich der Gemeinderatssitzung
am 20. Juli 2003 stellte Bürgermeister Franz Hofstetter nochmals
den bisherigen Werdegang vor. Um die Meinungen der zahlreich anwesenden
Bürger einzuholen,
erteilte der Gemeinderat neun Zuhörern das Wort. Anschließend
wurden die Unterschriftenlisten der Bürgerinitiative der Gemeinde übergeben.
Die Befragung hat ergeben, dass 2.289 Bürgerinnen und Bürger
gegen eine Männerforensik stimmten, 108 Personen dafür.

Der
Krankenhausdirektor des Bezirkskrankenhauses, Wolf-Dieter Neupert,
stellte in seiner Wortmeldung nochmals klar, dass der Bezirk am
17.03.2003 eine Willenserklärung zum Bau der Forensik abgegeben,
seine endgültige Beschlussfassung aber vom Einvernehmen mit
der Gemeinde abhängig gemacht hatte. Dieses sei durch die
Bürgerversammlung am 15.04.2003 und den Gemeinderatsbeschluss
vom 06.05.2003 hergestellt gewesen.

In der anschließenden
Diskussion wurde von Seiten des Gemeinderates das Ergebnis der
Bürgerumfrage als Bürgerwille gewürdigt.
Dieser Bürgerwille sei vor einer endgültigen Entscheidung
des Bezirkes zu würdigen. Aufgrund der großen Bedeutung
dieser Maßnahme und der Höhe der Bausumme von ca. 10
Mio. € wird davon ausgegangen, dass hierfür ein Bezirkstagsbeschluss
notwendig ist, denn die endgültige Entscheidung für so
eine bedeutende Maßnahme kann nach den kommunalrechtlichen
Bestimmungen nicht durch die Annahme einer Willenserklärung
erfolgen.

Nachdem die Aufhebung des Gemeinderatsbeschlusses
vom 6. Mai 2003 von keinem Ratsmitglied beantragt wurde, stellte
Bürgermeister
Hofstetter seinen Vorschlag zur Abstimmung:

„Der Gemeinderat hat in seiner Sitzung am 06.05.2003
mit der Maßgabe
einer dinglich abzusichernden Nutzungsbeschränkung beschlossen,
der Erweiterung der Frauenforensik um max. 46 Plätze und der
Errichtung einer Forensik-Männerstation mit max. 30 Plätzen
im BKH Taufkirchen positiv gegenüberzustehen.

Nachdem jedoch
in weiten Kreisen der Bevölkerung Taufkirchens
und Umgebung offensichtlich große Ängste und Bedenken
vorherrschen und sich die Bürgerschaft in so großer
Zahl gegen das Vorhaben des Bezirks ausgesprochen hat, ersucht
der Gemeinderat den Bezirk Oberbayern, das Konzept in Bezug auf
die Errichtung einer Forensik-Männerstation im BKH Taufkirchen
nochmals zu überdenken und das Votum der Taufkirchner Bürgerinnen
und Bürger bei der laut Beschluss des Gesundheitsausschusses
vom 17.03.2003 noch zu treffenden endgültigen Entscheidung
zu berücksichtigen.

Sollte der Bezirk Oberbayern dennoch bei
seinem Vorhaben, im BKH Taufkirchen eine Forensik-Männerstation
einzurichten, bleiben, verlangt die Gemeinde folgende Einschränkungen
und Maßnahmen:

1. Nutzungsbeschränkung auf Patienten
nach § 64 StGB,
ausgenommen Personen mit schwerer Gewalt- und Sexualdelinquenz
(§§174-184 c, 211, 212 und 213 StGB),

2. Nutzungsbeschränkung
auf max. 30 männliche Forensik-Patienten,

3. Unbefristete
dingliche Sicherung der Nutzungsbeschränkungen
nach Punkt 1 und Punkt 2 im Grundbuch,

4. Sicherstellung, dass auch
die Gerichte bei ihren Einweisungen an die Nutzungsbeschränkungen
gebunden sind,

5. Einrichtung eines Forensik-Beirates, der sich
z.B. aus Gemeinderatsmitgliedern, Bürgerinnen und Bürgern
sowie Vertretern des Bezirkskrankenhauses zusammensetzen könnte.“

Der
Gemeinderat stimmte diesem Vorschlag mit 11 zu 10 Stimmen zu.

Durch diesen Beschluss wird der Bezirk Oberbayern
aufgefordert, bei seiner endgültigen Entscheidung den Willen
der Taufkirchner Bürgerinnen und Bürger zu berücksichtigen.
Falls der Bezirk dennoch an seinem Vorhaben festhält, eine
Männerforensik
in Taufkirchen zu errichten, steht der Taufkirchner Gemeinderat
in der Pflicht, die Auswirkungen auf die Bürger so gering
wie möglich zu halten. Deshalb wurde im Beschluss erneut auf
die geforderten Einschränkungen verwiesen.

Bei einer Gemeinderatsentscheidung
gegen den Bau der Männerforensik
wären möglicherweise sämtliche Nutzungsbeschränkungen
entfallen. Damit hätte man den Gerichten die Möglichkeit
eröffnet, sämtliche männlichen Straftäter,
auch Gewalt- und Sexualverbrecher, in das Bezirkskrankenhaus Taufkirchen
(Vils) einzuweisen.

Es ist die persönliche Entscheidung jedes
einzelnen Gemeindebürgers
und auch jedes einzelnen Gemeinderates, sich für oder gegen
eine Männerforensik in Taufkirchen(Vils) auszusprechen. Ob
dieses Vorhaben durchgeführt wird, liegt jedoch alleine in
der Hand des Bezirkes bzw. wird von Bezirksräten entschieden,
die aus ganz Oberbayern gewählt wurden.