Trommler aus Überzeugung

Als junger Mann hat er nach dem Zweiten Weltkrieg erst einmal eine Ausbildung zum Steinmetz gemacht, also was Solides gelernt. Danach dann aber an der Kunstakademie Düsseldorf Grafik und Bildhauerei studiert, außerdem ist er Schüler des Bildhauers Karl Hartung gewesen.

Erst Mitte der 1950er Jahre machte dann Günter Grass mit erster Lyrik auf den Schriftsteller Grass aufmerksam, schrieb Kurzdramen und eine Farce. Der große Durchbruch gelang, wie allseits bekannt, mit „Die Blechtrommel“. Es folgten „Katz und Maus“ oder „Hundejahre“, weshalb sein literarisches Schaffen als „ein weites Feld“ bezeichnet werden kann.

Doch Grass war nicht nur Lyriker und Romancier, er war auch ein großer Poltergeist. Weshalb er unter anderem mit einem Schriftsteller aneinander geriet, der bis zu seinem Tod in der schönen Landschaft zwischen Holzland und Sempt lebte. Heinar Kipphardt, Autor von Stücken wie „In der Sache J. Robert Oppenheimer“, „Bruder Eichmann“ oder den „Angelsbrucker Notizen“, hatte Grass und dessen „bildgerechten“ Auftritt bei der Bundeswehr mit einem Gedicht „gewürdigt“.

Wofür sich Grass wenig später damit rächte, dass er in anderem Zusammenhang Kipphardt zwischen Joseph Goebbels und Eduard von Schnitzler einordnete. Wo der erklärte Marxist Kipphardt nun wirklich nichts zu suchen hatte.

Doch nicht nur Kollegen bekamen Groll oder Engagement des Literatur-Nobelpreisträgers von 1999 zu spüren. Grass legte sich wegen des Abtreibungsverbots mit der Kirche an, setzte sich für Lebenspartnerschaften und für Sinti und Roma ein, engagierte sich gegen Atomkraft und für die Rechtschreibreform, kritisierte Israel und bezeichnete die Veröffentlichung von Mohammed-Karikaturen in dänischen und französischen Zeitung als gezielte Provokation.

Und nachdem er sich auch noch für die SPD unter Willy Brandt und Gerhard Schröder in Wahlkämpfen einsetzte, war er so beschäftigt, dass er in seiner Biografie doch tatsächlich ein kleines Detail vergaß. Nämlich, dass er bei der Waffen-SS gewesen war.

Aber nachdem diese Gedächtnislücke von ihm dann doch noch gefüllt wurde, kann man an dieser Stelle getrost auch mal eine andere Seite bei dem wortgewaltigen Schriftsteller aufschlagen. Denn Günter Grass war auch ein begeisterter Fußball-Anhänger, insbesondere von den kleineren Vereinen, die er mitunter auch aktiv unterstützte. Zum Beispiel und im hohen Alter den FC St. Pauli mit einer Lesung im Stadion am Millerntor, vor immerhin 1.000 Fußball-Fans.

Er brach aber auch eine Lanze für den Trainer Volker Finke, als der einst beim SC Freiburg rausfliegen sollte. Saß dort auf der Tribüne des damaligen Dreisam- und heutigen Schwarzwaldstadions, als Borussia Dortmund trotz aller Stars nur zu einem mühsamen 1:1 kam.

Sein Fußball-Wissen soll sich Grass in unzähligen Stunden mit der Sportschau angeeignet haben und hatte bei ihm zu der Erkenntnis geführt, dass „dieses dauernde Einkaufen“ nicht dazu führt, Tabellenerster zu werden.

Doch wo die eigentliche Meisterschaft dann letztendlich liegt, das ließ er eine Reporterin nach besagtem Spiel wissen. Auf die Frage: „Wie fanden sie den Dortmunder Butt?“, antwortete Grass: „Sicher war er ganz gut, aber mein Butt ist besser.“

pebe