Heimatkundliches Gemeindearchiv

Bevor sich das Fernsehen in den 60er Jahren massenhaft verbreitete, kam den Kinos größte Bedeutung zu. Erste Filmvorführungen gab es in Taufkirchen (Vils) bereits in den 30er Jahren im „Postsaal“, dessen Besitzer die Familien Scherer und Rau waren, später dann auch im ehemaligen Pfarrsaal am Pfarrweg.

Kino in der Erdinger Straße

Als erstes richtiges Kino wurde vom Immobilienmakler Franz Festl und seiner Frau Sabina 1953 im Gebäude Erdinger Straße 17 ½ das „Schloss-Theater“ eröffnet. Das moderne Lichtspieltheater umfasste 300 Sitzplätze und es gehörte von Anfang an ein Café dazu.

Obwohl das Kino zwischenzeitlich mit einer Breitleinwand ausgestattet und modernisiert wurde, kam 1968 das vorläufige Aus. Das gesamte Inventar des „Schloss-Theaters“ wurde eingelagert und der leere Kinosaal diente immer wieder als Lagerraum. Unter anderem nutzte ihn 1972 Karl Hierl jun. für einige Zeit als Ski-Center.

Nach vierzehn Jahren Pause wurde unter der Leitung von Johann und Rosa Lechner 1982 das Kino unter dem Namen „Casino-Filmtheater“ wieder eröffnet.

Das Kino wurde renoviert und die ehemaligen Sessel mit einer Polsterung ausgestattet. 148 Sitzplätze standen bereit und an einer separaten Theke im Foyer konnte man sich mit Getränken und Süßigkeiten versorgen. Obwohl die Lechners in neue Vorführgeräte investierten und damit ein optimales Filmerlebnis garantierten, mussten mangels Publikumszuspruch zunächst die Vorführtage reduziert und 1986 dann das „Casino-Filmtheater“ ganz geschlossen werden. Aber nicht für immer!

1987 gründeten einige junge Kinobegeisterte, federführend die Cousins Helmut und Franz Jell, die „Cinema ­Casablanca GmbH“ und öffneten erneut die Pforten des Kinos.

Das „Casablanca“, ausgestattet mit 135 bequemen Sesseln und dem angeschlossenen gemütlichen Film-Café, das 35 Gästen Platz bot, entwickelte sich in Taufkirchen (Vils) zu einem beliebten Kommunikationszentrum. So waren die Betreiber nicht nur Kinobesitzer, sondern auch Gastwirte.

Die im „Casablanca“ gezeigten anspruchsvollen Filmprogramme erhielten mehrfach Auszeichnungen im Rahmen des staatlichen Bayerischen Filmförderpreises.

Im Kinosaal wurden aber nicht nur Filme gezeigt, hier gab es auch viele Kleinkunstveranstaltungen einheimischer Musiker sowie von bekannten namhaften Künstlern wie Ottfried Fischer, Willi Astor, Günter Grünwald, Werner Schmidbauer, den Geschwistern Well, dem „Zither-Manä“ um nur einige zu nennen. Auch Michael Mittermeier hatte hier seinen ersten Bühnenauftritt.

1994 wurde das Casablanca geschlossen, im gleichen Jahr aber dann als Nachfolger das „Cino-Cafe“ eröffnet. Neue Pächter*innen waren Christine vom Hofe, ab 1997 Regina Mayer und Florian Brenninger und ab 2001 Andreas vom Hofe und Klaus Schikora; letztere führten das Kino unter der Bezeichnung „Filmkulturhaus“ weiter.

2005 verließ Klaus Schikora das Führungsduo. Seither ist Andreas vom Hofe der alleinige Betreiber des Lichtspieltheaters mit dem Namen „Kinocafe“. Wie schon zu Zeiten der Vorgänger stehen auch heute vielfach heimische Künstler auf der Bühne und damit im Rampenlicht des Kinocafes.

Ein Highlight des Kinocafe-Angebots war das Kino-Open Air, das mit Unterbrechungen von 2004 bis 2014 in den Sommermonaten auf der Terrasse des Wasserschlosses stattfand. Klassiker wie „Alexis Sorbas“, „Gran Torino“ oder „The King’s Speech“ waren ebenso zu sehen wie selten gezeigte Filmjuwele.

Das Kinocafe ist das älteste noch bestehende Kino im Landkreis Erding und eine große Bereicherung des Taufkirchener Kulturlebens. Aufgrund der besonderen Filmauswahl wird es zurecht durch den staatlichen „Film- und Fernsehfond Bayern“ unterstützt.

Roxy-Kino

1957 haben die Betreiber des „Schloss-Theaters“ Franz und Sabina Festl in einem Rückgebäude an der Dorfener Straße ein zweites Lichtspielhaus, das „Roxy-Kino“ eingerichtet. In dem Gebäude befand sich früher die Werkstätte des Mechanikers Schmitt, heute gehört es zum Betrieb der Firma Elektro-Zeilbeck.

Das Roxy war mit 80 qm ein relativ kleines Kino, in dem nur 40 Personen Platz fanden. Im Vordergebäude des Anwesens, jetzt ein Teilbereich des Ladens von Elektro Zeil­beck, richteten die Betreiber ein Bierstüberl – das „Roxy-Stüberl“ – ein.

Das „Roxy-Kino“, in welchem vorwiegend Wildwestfilme gezeigt wurden, gab es allerdings nicht lange. Das Kino wurde bereits 1960 wieder geschlossen, das „Roxy-Stüberl“ allerding separat noch bis 1970 weitergeführt.

Central-Lichtspieltheater

Ein weiteres Kino mit dem Namen „Central-Lichtspieltheater“ wurde von den Eheleuten Simon und Maria Sengmüller an der Dorfener Straße gebaut und 1960 eröffnet. Das Kino wurde mit der damals modernsten Apparatur ausgestattet und verfügte über 320 Sitzplätze. Die Leinwand mit einer Breite von acht Metern ermöglichte Aufführungen von Filmen in CinemaScope und Breitwandformat.

Der einsetzende Fernsehboom machte jedoch der Kinolandschaft schwer zu schaffen und so musste im Sog des allgemeinen Kinosterbens auch das „Central-Lichtspieltheater“ nach nur neun Jahren 1969 wieder geschlossen werden.

Das Gebäude wurde anschließend mehrmals umgebaut und nachfolgend zunächst vom Kaufhaus Schmederer, dem VeGe- und dem Minimal-Lebensmittelmarkt und schließlich dann gastronomisch genutzt. Seit 1991 befindet sich dort das vom „Ivan“ geführte beliebte griechische Lokal „Taverna Plaka-Athen“.

Nähere Einzelheiten über die drei Taufkirchener Kinos und die gesamte Kinolandschaft im Landkreis Erding können aus einem sehr ausführlichen und facettenreich geschriebenen Streifzug von Hermann Kraus aus Erding entnommen werden. Hermann Kraus (Seniorchef des Modehauses Kraus am Eck) ist damit ein großartiges Werk gelungen, das vom Historischen Verein Erding e.V. den Forscherpreis 2020 erhalten hat.

Der Streifzug ist in der Jahresschrift 2020 des Vereins veröffentlicht und umfasst 83 Seiten, wovon sich allein 17 Seiten auf die Taufkirchener Kinos erstrecken. Das Büchlein kann – ab Öffnung des Rathauses – für einen Preis von 10,00 € am Infopoint im Rathaus gekauft oder direkt beim Histori­schen Verein Erding e.V. unter heike.kronseder@t-online.de (Tel. 0171 8095120) bestellt werden.

Fotos und Text: Heimatkundliches Gemeindearchiv