Einheimische Landwirte

Acht einheimische Hofbesitzer waren einer Einladung von Bürgermeister Franz Hofstetter gefolgt, um sich mit ihm sowie dem Leiter des Sachgebiets „Öffentliche Sicherheit und Ordnung“, Georg Schmittner, Pressesprecherin Renate Bauer und dem Autor als Mitglied der KOMPASS-Redaktion im kleinen Sitzungssaal der Gemeinde zu treffen.

Bei der Zusammenkunft stellte sich sehr schnell heraus, mit welchen Problemen die Landwirte derzeit kämpfen: Man sieht sich pauschalen Vorwürfen ausgesetzt, durch Profitgier und Massentierhaltung die Situation verschuldet zu haben, es geht die Existenzangst um, weil das Damoklesschwert eines BSE-Falles über ihnen hängt und weil ihre Rinder keine Abnehmer finden.

Von ihren obersten Standesvertretern können die Landwirte momentan wenig Hilfe erwarten. Ein Bauernverband ist vielleicht gut beraten, seine Mitglieder auf Demonstrationen zu schicken, um von Fehlern der Verbandsführung abzulenken und eine Politik zu attackieren, die etwas verändern muss, weil jahrelang Wunschvorstellungen als Realität ausgegeben wurden. Er ist damit allerdings schlecht beraten, wenn er es ernst meint mit dem Vorhaben, das Vertrauen der Verbraucher zurückzugewinnen. Dass letzteren die eigene Gesundheit wichtiger ist als die Einkommensverhältnisse der Landwirte, muss auch dem dümmsten Bauern – Verzeihung Herr Sonnleitner! – klar sein.

Wobei wir bei einem Klischee sind, das auch bei dem Gespräch mit den hiesigen Landwirten angeschnitten wurde. In Familienbetrieben, wie sie in unserer Gegend fast ausschließlich anzutreffen sind, ist der Bauer Agrartechniker, Biologe, Landmaschinenmechaniker, Landschaftspfleger und noch einiges mehr. Landwirt ist also heute ein sehr anspruchsvoller Beruf.

Jeder Bauer weiß über BSE Bescheid, mehr als ihm lieb ist und besser als die meisten von uns. Keinem ist verborgen geblieben, dass in den Nachbarländern immer wieder Fälle auftraten. Jeder hoffte, es würde ihn nicht treffen. Deshalb ist es auch reichlich unwahrscheinlich, dass in Höfen, die seit Generationen Familienbetriebe sind und bleiben wollen, an Rinder verbotenerweise Tiermehl weiter verfüttert wurde. Dazu kommt, dass Tiermehl teurer ist als andere Futtermittelbestandteile wie Getreide oder Mais. Tiermehl wurde für Schweinefutter verwendet, weil Schweine Allesfresser sind und Ferkel tierisches Eiweiß benötigen.

Nicht alle Landwirte haben gleiche Bedingungen auf ihren Anbauflächen für Futtermittel. Um eine möglichst ideale Mischung zu erreichen, kaufen sie Tierfutterbestandteile dazu. An dieser Stelle eine Randnotiz: Wenn sich die Bevölkerung ernährungstechnisch so ausgewogen wie das Rindvieh hierzulande ernähren würde, wären Gesundheitsrisiken wie der Herzinfarkt, eine der häufigsten Todesursachen in Deutschland, weitaus geringer.

Man fordert artgerechte Tierhaltung auf dem Bauernhof. Die Bilder, die man beispielsweise aus Fernsehberichten von Massentierhaltungsbetrieben bei Geflügel kennt, sind nicht auf Rinderhaltung zu übertragen. Schon gar nicht bei den erwähnten Familienbetrieben in unseren Breiten. Gesunde Tiere brauchen Raum, Pflege und gutes Futter. Bei einem Rinderbestand in der Größenordnung von 100 Tieren kann der Landwirt seinen Gewinn nur über Qualität, nicht über Masse erzielen.

Noch eine Anmerkung zu der scheinbar merkwürdigen Tatsache, dass vor allem in kleineren Herden von Familienbetrieben BSE-kranke Rinder gefunden wurden: Die großen Betriebe betreiben überwiegend Mastviehzucht. Die Rinder sind lange schlachtreif, bevor sie das kritische Alter von 30 Monaten erreichen, ab dem BSE einigermaßen sicher festgestellt werden kann.

Gewaltig auf den Magen schlägt jedem Bauern die Vorstellung, auf seinem Hof könnte ein BSE-krankes Rind gefunden werden. Die Brandmarkung der Betroffenen, die soziale Ächtung ist bedrückend, die Treibjagd durch Teile der Presse skandalös.

In Schleswig-Holstein hat man auf ähnliche Vorkommnisse reagiert. Die dortige Landesregierung hält den öffentlichen Druck auf Landwirte und ihre Familien bei einem BSE-Verdacht in deren Herde für nicht mehr zumutbar und schränkt seit 7. Februar die Information der Öffentlichkeit ein. Bei BSE-Verdachtsfällen werden künftig nicht mehr der Landkreis und die Bestandsgröße der betroffenen Betriebe genannt, hieß es in einer Pressemitteilung. Wenn sich ein BSE-Verdacht bestätigen sollte, würden die zuständigen Stellen ihrer Pflicht zur Veröffentlichung von BSE-Fällen weiterhin nachkommen. Es sei eine Einzelentscheidung Schleswig-Holsteins. Zur Nachahmung empfohlen.

In der Landwirtschaftspolitik wird und muss sich einiges ändern. Die anwesenden Bauern führten als Beispiel das Thema Subventionen an, wozu es in der Öffentlichkeit ein absolut schiefes Bild gebe. Nur etwa 10 % der Gelder erreiche wirklich die Erzeuger. Einen Großteil fresse der aufgeblähte Beamtenapparat der EU, anderes versickere in dubiosen Projekten.

So wurde auf einer griechischen Insel ohne Rinderbestand mit Subventionsmitteln ein Schlachthaus gebaut. Nun findet ein ebenfalls subventionierter, reger Schlachtviehtourismus statt, unter dem vor allem die transportierten Tiere zu leiden haben. Es gibt dafür zwar Vorschriften, die aber in der Praxis nicht eingehalten werden können.

In einigen Gebieten Deutschlands haben sich landwirtschaftliche Großbetriebe darauf spezialisiert, auf riesigen Flächen Mais anzubauen einzig aus dem Grund, weil dies von der EU subventioniert wird. Eine Verwendung ist nicht vorgesehen. Zur Erntezeit werden die Pflanzen gehäckselt und auf den Feldern belassen. Wenn man dabei an Hirnerweichung denkt, betrifft es nicht das Rindvieh.
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