Bilder aus vergangenen Tagen

Lokalbahn Dorfen-Taufkirchen-Velden vor 125 Jahren eröffnet

Am Heiligabend des Jahres 1898, also vor 125 Jahren wurde die Lokalbahn Dorfen-Taufkirchen-Velden eröffnet und mit Zustimmung „seiner königlichen Hoheit, dem Prinzregenten Luitpold von Bayern“ offiziell ihrer Bestimmung übergeben. Der von Dorfen kommende, festlich geschmückte Zug wurde von der Bevölkerung freudig begrüßt. Man war stolz darauf, schienenmäßig nun „an die große weite Welt“ angebunden zu sein.

Bau der Eisenbahnbrücke

Bereits viele Jahre vorher wurde um den Bau der Strecke verhandelt.

1891 gründete man hierfür sogar eigens ein Eisenbahn-Comite und man setzte alles daran, dass beim Anschluss des östlich von Erding liegenden Gebietes die Bahntrasse über Taufkirchen (Vils) geführt wurde. Mehrere Varianten waren im Gespräch, so u.a. auch der direkte Anschluss von Velden über Gebensbach, Grüntegernbach und Wasentegernbach. Im Interesse der Rentabilität konnte man jedoch auf eine Anbindung von Taufkirchen (Vils) nicht verzichten.

Der Bahnanschluss von Taufkirchen (Vils) nach Dorfen passte allerdings den Erdingern nicht. Denn sie hatten die Befürchtung, dass die Erdinger Schranne an Bedeutung einbüßen würde und schlugen deshalb vor, die Bahnlinie von Erding über Taufkirchen (Vils) nach Dorfen (rund 27 km) zu führen. Dieser Vorschlag wurde jedoch verworfen, weil die Linie Dorfen-Taufkirchen-Velden dem Verkehrsbedürfnis besser entsprach.

Wie sehr sich die Taufkirchner für den Bahnanschluss eingesetzt haben zeigt, dass sie sogar ein Angebot zur Mitfinanzierung gemacht haben. Die Idee war, die Kosten für Projektierung und Grunderwerb „mittels Bierpfennig all dessen Bieres, das hier gebraut oder eingefahren oder verzapft wird“ aufzubringen. Das großzügige Angebot wurde zwar in München zur Kenntnis genommen, aber nicht weiterverfolgt.

Die beteiligten Gemeinden mussten schließlich als Vorbedingung den zum Bahnbau erforderlichen Grunderwerb tätigen. Die hierfür veranschlagten Kosten in Höhe von 116.0000 Mark übernahmen der Markt Velden zu 40 % und die Gemeinde Taufkirchen (Vils) sowie die Stadt Dorfen zu jeweils 30 %. Die Gesamtkosten für das Bauprojekt wurden im Gesetz über die Erbauung neuer Lokalbahnen vom 17.06.1896 mit 1.115.000 Mark beziffert.

Das Projekt lohnte sich

Dass sich das Bahnprojekt lohnte, zeigte sich bereits im ersten Betriebsjahr 1899, wo man einen Güterumschlag von 26.068 t und eine Beförderung von 98.517 Personen verzeichnete. Das Betriebsprogramm sah damals täglich drei Zugpaare auf der Strecke vor, mit Aufenthalt an den Haltestellen Dorfen, Algasing, Babing, Taufkirchen (Vils), Ratzing, Moosen (Vils), Babing b. Velden und Velden.

Ursprünglich wurde im gemischten Betrieb gefahren, d.h. mit Personen- und Güterwagen in einer Zuggarnitur. Die Lade- und Rangiermanöver an den vielen Haltestellen führten allerdings zu langen Wartezeiten, was der Bahnlinie die vielbespöttelte Bezeichnung „Bockerlbetrieb“ einbrachte. 82 Minuten betrug die Fahrzeit für die 20,5 Kilometer lange Strecke, was auch daraus resultierte, dass die Geschwindigkeit an einem Teil der 105 unbeschrankten Bahnübergänge reduziert werden musste. Hinzu kam, dass der anfangs vorhandene durchwegs in billiger Bauweise hergestellte Gleisunterbau auch auf ebenen Streckenabschnitten selten die Ausnützung der Höchstgeschwindigkeit zuließ.

Am 10.12.1909 entgleiste wegen Schneeverwehungen und Vereisung der Schienen am Bahnübergang an der Kellerstraße die Lokomotive D XI Nr. 2010. Die D XI hatte nur 40,2 t Gesamtgewicht, war also ein sehr leichtes Schienenfahrzeug.

Besonders in den dreißiger Jahren machten Schneeverwehungen dem Bockerl zu schaffen. Nicht selten traf der von Velden abfahrende Abendzug nach Dorfen plötzlich wieder im Bahnhof Velden ein, ohne über Taufkirchen (Vils) hinausgekommen zu sein.

Manchmal wäre man zu Fuß wohl schneller gewesen

Die Dampflokomotive war leistungsmäßig sehr begrenzt und blieb auch gern an der Schnauppinger Steigung hängen, besonders dann, wenn man ihr in Babing noch einen Langholzwagen angehängt hatte. Die Fahrgeschwindigkeit sank auf Gehgeschwindigkeit und man lästerte, „das Blumenpflücken sei während der Fahrt verboten“.

Zur Unterstützung habe – so eine Anekdote – ein Bauer aus Taubenthal angeblich sogar seine Pferde vor das Dampfross gespannt. Wegen dieser Hilfeleistung fühlte sich die Reichsbahn derart beleidigt und blamiert, dass sie den Bauer gar vor Gericht zitiert hat.

Während des Weltkrieges 1939/1945 erfuhr der Güterverkehr auf der Lokalbahn durch den Transport kriegswichtiger Güter eine starke Belebung.

1948 lösten der Schienenbus und die Diesellok den Dampfbetrieb ab. Die Fahrzeit hat sich damit von ca. 82 Minuten für die 20,5 km im Jahre 1898 auf rund 36 Minuten im Jahre 1966 verringert.

Rückgang der Fahrgastzahlen

Die zunehmende Motorisierung, die Nutzung von Linienbussen und der Werksbusse der Polstermöbelfabrik himolla ließen die Fahrgastzahlen ständig zurückgehen. Konnte man 1919 noch 233.000 Fahrgäste und 1948 noch 215.000 Fahrgäste verzeichnen, waren es 1963 nur mehr 32.000 Personen, die die Bahnlinie benutzten. Nachdem somit der Personenverkehr auf der Bahn nicht mehr rentabel war, wurde er 1968 eingestellt.

Der Güterverkehr konnte bis Ende der 60-Jahre noch Steigerungen verbuchen, was u.a. auf Erdölfunde bei Velden und auf den Erfolg der Polstermöbelfabrik himolla zurückzuführen war. 1964 startete man sogar den Versuch, die Firma himolla im sog. Straßenrollerverkehr zu bedienen. Mit einer Kaelble-Zugmaschine und einem Culemeyer-Hänger wurden Güter auf der Dorfener- und Landshuter Straße vom Bahnhof zu himolla und von himolla zum Bahnhof transportiert.

Eine Ära geht zu Ende

Schließlich machte sich auch beim Gütertransport die Konkurrenz der Straße bemerkbar. Wurden 1966 noch 49.000 t befördert, so waren es 1978 nur noch rund 21.000 t und 1990 klägliche 8.512 t. Aus diesen Gründen wurde 1993 auch der Güterverkehr eingestellt und die Bahnlinie stillgelegt. 1995 wurde die Strecke abgebaut, womit die Geschichte der Lokalbahn Dorfen-Taufkirchen-Velden nach 97 Jahren endgültig zu Ende gegangen ist.

_Archiv-Team

HINWEISE

Ausstellung von mehreren Tafeln mit Fotos und Dokumenten zur Lokalbahn Dorfen-Taufkirchen-Velden im Heimatkundlichen Gemeindearchiv

3. Dezember 2023 / 7. Januar 2024 / 4. Februar 2024
14.00 – 17.00 Uhr
Heimatkundliches Gemeindearchiv, Reckenbacher Str. 26, Taufkirchen (Vils)

Besichtigungsmöglichkeit des Nachbaus von Teilen der Lokalbahnlinie,
u.a. der Bereiche um den Bahnhof Taufkirchen (Vils) mit dem Sägewerk und dem alten Molkereigebäude

20. Januar 2024 (Tag der offenen Tür)
13.00 – 18.00 Uhr

21. Januar 2024
10.00 – 17.30 Uhr
Vereinsheim der Eisenbahn- und Modellbahnfreunde Taufkirchen (Vils) e.V.,
Landshuter Str. 18, Taufkirchen (Vils)

HEIMATKUNDLICHES GEMEINDEARCHIV

Große Ausstellung im Schaudepot:
800 Exponate
950 themenbezogene Dokumentenordner
100 Filme auf VHS und DVD
700 Schautafeln in Hängeregisterschränken
500 archäologische / geologische Gegenstände

ÖFFNUNGSZEITEN:

Jeden 1. Sonntag im Monat 14.00 bis 17.00 Uhr
Für Gruppen ab 10 Personen können auch separate Termine vereinbart werden, per Telefon oder E-Mail

Eintritt kostenfrei

Heimatkundliches Gemeindearchiv
Reckenbacher Str. 25, Taufkirchen (Vils) Telefon 08084 258879 | gemeindearchiv@tfk-aussenstelle.de
www.taufkirchen.de