Hilfe bei Sucht

Freundeskreis für Suchtkrankenhilfe e.V.

Ein Interview zweier Mitglieder: Wolfgang und Hermann

Wann haben Sie zum ersten Mal gemerkt, dass sie ein Sucht-Problem haben?

Es war vor etwa 10–15 Jahren. Wir merkten, wie wichtig der Alkohol für uns war und unser Leben bestimmte. Wir haben es selbst bemerkt, aber uns eingebildet, wir hätten alles im Griff. Als der Alkoholkonsum jedoch weiter zunahm, haben wir uns Rat bei einem Arzt geholt. Als Ergebnis wurde uns jeweils das Aufsuchen einer Fachklinik empfohlen. Dieser Empfehlung sind wir gefolgt.

Zum Thema Co-Abhängigkeit: Wollten Leute in ihrem Umfeld die Krankheit ignorieren, wollten die Angehörigen das nicht wahrhaben?

Wolfgang: Meine Frau hat mich immer wieder auf den hohen Alkoholkonsum angesprochen. Ich habe das jedoch ignoriert. Andere Personen in meinem Umfeld haben es sicher bemerkt oder vermutet. Angesprochen hat mich aber niemand.

Hermann: Mich hat auch keiner auf das Problem angesprochen. Auch ich glaube, dass es einige Personen bemerkt, aber stillschweigend hingenommen haben.

Welche Anlaufstellen hat Taufkirchen?

Hier ist als erstes das Isar-Amper-Klinikum (kbo) zu nennen, das eine eigene Abteilung für Suchtkranke betreibt. Daneben gibt es aber auch uns, den Freundeskreis für Suchtkrankenhilfe e.V.. Wir haben uns bis zur Corona Pandemie auch im kbo zu Gruppenstunden getroffen, haben seitdem aber unseren neuen Tagungsraum im Mehrgenerationenhaus Taufkirchen gefunden. Bei uns ist jeder herzlich willkommen.

Wie sehen die Treffen des Freundeskreises für Suchtkrankenhilfe aus?

Nach der Begrüßung und der offiziellen Eröffnung der Runde machen wir das sog. Blitzlicht, d.h. jeder Teilnehmer/in erklärt, wie er sich aktuell fühlt. Im Anschluss daran können Personen, denen es nicht gut geht, nacheinander ihr Problem darstellen und dies wird dann diskutiert. Daraus ergeben sich Empfehlungen, Tipps und Ratschläge. Man kann hier ganz offen sprechen, denn in der Gruppe Besprochenes wird in keinem Fall nach außen getragen. Die Erfahrung zeigt, dass es vielen Menschen schon hilft, das Problem mit anderen Gleichgesinnten besprechen zu können, da diese oft dieselben oder ähnliche Probleme hatten.

Was brauchen Sie, um nicht rückfällig zu werden?

Feste Vorsätze und die innere Überzeugung, die einzig richtige Entscheidung getroffen zu haben. Dies wird umso leichter, wenn man sich die vielen Vorteile des Alkoholverzichts vor Augen hält, z.B. wiedergewonnene Freiheiten, angenehmes Zusammenleben in Familie/Umfeld, verbesserte Gesundheit und Lebensqualität. All das wird unterstützt durch regelmäßige Besuche des Freundeskreises.

Gibt es eine Art „Nachsorge“ nach einer Sucht-Erkrankung?

Eine offizielle Nachsorge ist uns nicht bekannt. Nach Entgiftung und ambulanter oder stationärer Therapie geht die Richtung nur zu den Selbsthilfegruppen, die wegen ihrer wichtigen Funktion auch von kirchlichen Einrichtungen und Krankenkassen gefördert werden.

Meiden Sie Feste wie z.B. Volksfeste?

In der ersten Zeit des Trockenseins ist es ratsam, Festivitäten, bei denen übermäßig Alkohol konsumiert wird, zu meiden. In der Folge erhöht sich die Stabilität, keinen Alkohol zu trinken. Nach einiger Zeit, je nach Selbstbefinden kann man ruhig wieder auf Veranstaltungen gehen. Bei uns beiden ist das lange schon kein Problem mehr. Es ist nicht weniger gesellig.

Wie reagierte Ihr Umfeld darauf, dass Sie nicht mehr trinken?

Die Reaktionen waren durchwegs positiv. Teilweise erhält man sogar Lob oder wird beneidet.

Worauf möchten Sie andere Menschen gerne hinweisen?

Bei erhöhtem Alkoholkonsum sollte man sich fragen, ob Anzeichen einer Abhängigkeit vorhanden sind und sich im Zweifelsfall beraten zu lassen. Wir als selbst Betroffene erkennen im Alltag viele Fälle, auf die dies zutrifft.

Welche Vorurteile stören Sie und möchten Sie gerne berichtigen?

Alkoholsucht ist eine anerkannte Krankheit wie andere chronische Erkrankungen auch und hat nichts mit schwachem Charakter zu tun. Einfach mit dem Trinken aufzuhören funktioniert nicht. Selbstentzug kann im Extremfall tödlich enden. Hilfe ist absolut notwendig.

Was können andere Menschen machen, um Ihnen Ihr Leben im Alltag und das Arbeitsleben zu erleichtern?

Die Betroffenen einfach ganz normal behandeln. Also nicht besonders schonen, aber auch nicht besonders belasten und schon gar nicht bedrängen, wieder etwas Alkohol zu trinken. Die Entscheidung der Leute, keinen Alkohol mehr zu trinken, einfach akzeptieren.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Wir wünschen uns weiterhin trocken zu bleiben um die wieder erlangten Freiheiten und Freuden des Lebens genießen zu können. _Interview: Forum Inklusion, Katharina Gaigl

Kontakt

Freundeskreis für Suchtkrankenhilfe e.V.
Treffen: montags, 19.00 Uhr
Ort: Caritas Mehrgenerationenhaus
Infos: Wolfgang, Mobil 0176 38013936
Walter, Mobil 0176 34840500
oder über praktizierende Ärzte