Wie kommen demente oder behinderte Menschen in Taufkirchen (Vils) zurecht? Wie gehen die Taufkirchner mit ihnen um? Mit solchen und weiteren Fragen hat sich die „Lokale Allianz“ in Taufkirchen (Vils) beschäftigt. „Lokale Allianz für Menschen mit Demenz“ ist ein gefördertes Programm des Bundes, für das sich das Taufkirchener Mehrgenerationenhaus erfolgreich beworben hat. Ziel ist es, Demenzerkrankten und ihren Angehörigen in ihrem Umfeld bestmögliche Hilfen und Unterstützungen zu geben. Das Mehrgenerationenhaus möchte das Thema Demenz noch mehr in die Öffentlichkeit bringen, denn laut einer Prognose wird künftig jede zweite Frau und fast jeder dritte Mann von Demenz betroffen sein.
Neben dem Mehrgenerationenhaus mit der Projektleiterin Katharina Gaigl hat sich besonders die Klasse 9d der Realschule Taufkirchen (Vils) intensiv damit beschäftigt und ein Jahr lang an diesem Projekt gearbeitet und geforscht. Mit einem Demenzparcours und Vorträgen der Pflegeschüler des Isar-Amper-Klinikums näherten sich die Schülerinnen und Schüler dem Thema. Die Ergebnisse ihrer beeindruckenden Studie „Wie behinderten- und demenzfreundlich ist Taufkirchen (Vils)?“ stellten die Realschüler Johanna Thiele, Sandra Jahrmacht, Maxi Prey, Nadine Reiner und Bastian Ruffer am 23. Juli bei der öffentlichen Gemeinderatssitzung vor.
Um zu überprüfen, wie behindertengerecht die Gemeinde Taufkirchen (Vils) ist, haben die Schülerinnen und Schüler einen Selbstversuch gestartet und waren zu Testzwecken mit einem Rollator oder Rollstuhl unterwegs. Da trafen sie schon auf die ersten Hindernisse, wie Kopfsteinpflaster, nicht abgesenkte Bordsteine, zu schmale Gehwege oder der lockere Kiesweg im Bürgerpark. Ein Hauptproblem sind die Ampelphasen, erkannten die Jugendlichen. Sie hatten es gerade mal bis zur Mitte geschafft, als die Ampeln schon wieder rot zeigten.
Zudem stellte eine Gruppe von Schülern 23 Passanten vormittags vor dem Edeka-Markt Fragen zum Thema Demenz. Elf Befragte haben über Demenz Bescheid gewusst, weil sie Betroffene in der eigenen Familie haben, acht Bürger haben nichts über die Krankheit gewusst und vier hatten kein Interesse, die Fragen der Realschüler zu beantworten. Allerdings sind manche auch ratlos bei der Vorstellung, ein dementer und verwirrter Mensch stehe vor ihnen und komme nicht zurecht. „Da würden die meisten die Polizei rufen“, erklärten die Schüler.
Ihr Projekt gliederte sich in die Bereiche Restaurants, Supermärkte, Banken und Behörden:
- In den zwei besuchten Cafés und einer Pizzeria kannte man das Thema. Verbesserungsvorschläge waren größere Türen und eine rollstuhlgerechtere Anordnung der Tische.
- Die sechs Supermärkte, die die Schüler überprüften, waren gut zugänglich. Die Gänge waren breit genug für Rollstuhlfahrer, jedoch besteht bei den Regalen Handlungsbedarf, die teilweise schlecht erreichbar sind.
- Bei den Banken trafen die Jugendlichen auf „offenes und nettes Personal“. Sie bemängelten jedoch, dass die VR Bank eine hinderliche Kante an der Eingangstüre habe und der Fahrstuhl der Sparkasse zu versteckt sei.
- In öffentlichen Einrichtungen wie Rathaus, Friedhof, Post oder AOK, ist Demenz ein bekannter Begriff. Insgesamt sind alle Einrichtungen behindertengerecht ausgestattet.
„Wir haben einiges zu tun“, lautete das Fazit von Bürgermeister Franz Hofstetter, der den Realschülern für die ungefilterten und informativen Aussagen dankte. Die Arbeit der lokalen Allianz sei der „Auftakt für ein Umdenken bei uns“, das Thema Demenz noch mehr in das Bewusstsein der Gesellschaft zu rücken und endlich aus der Tabuzone zu holen.
Jetzt geht es darum, die Ergebnisse des Projekts in die Tat umzusetzen. Ein erster Schritt ist die derzeitige Erstellung eines Seniorenkonzeptes, das zukünftige Handlungsschwerpunkte im Bereich lebenswertes Altern in Taufkirchen (Vils) umfassen soll. Ein wichtiger Bestandteil ist dabei die barrierefreie Gestaltung des öffentlichen Raumes, bei der die Verbesserungsvorschläge der Realschüler miteingearbeitet werden.