100 Jahre Jungschützen Taufkirchen/Vils e.V.

Was wie die Jugendabteilung eines Vereins klingt, sind in Wirklichkeit
gestandene Manns- und auch Weibsbilder, die in der Jungschützengesellschaft
Taufkirchen ihrem sportlichen Hobby nachgehen: Dem Schießen auf
Ringe und „Blattl“, d.h. möglichst nahe im Zentrum gelegene
Treffer. Der Verein, dessen Name vermutlich als Gegenstück zur damals
und bis heute bestehenden Taufkirchener Altschützengesellschaft
entstand, ist heuer 100 Jahre alt geworden. Erste Kassenbuchaufzeichnungen
lassen vermuten, dass die Anfänge sogar noch weiter zurückreichen.

Dieser runde Geburtstag wurde natürlich gebührend gefeiert.
Am 29. November 2008 fand ein Festabend beim Wagnerwirt statt, wobei
es auch reichlich Ehrungen für verdiente Vereinsmitglieder gab.
Ehrenzeichen des Bayerischen Sportschützenbundes bekamen der amtierende
Schützenmeister Helmut Zimmer und Helmut Scheuerer verliehen. Daneben
wurden zahlreiche Mitglieder für 25, 40 und 50 Jahre Vereinszugehörigkeit
geehrt. Die Ehrenmitgliedschaft als höchste Vereinsauszeichnung
erhielten (im Bild von links) Günther Then, Waltraud Kobus, Hans
Bachmayer und der langjährige Gausportleiter und Gauschützenmeister
Josef Niedermeier.

Letzterer hatte, nachdem der Verein mit einer entsprechenden Bitte
an ihn herangetreten war, in monatelanger, akribischer Kleinarbeit eine
mehrbändige Chronik erstellt. Neben Vereinsdokumenten konnte er
sich dabei vor allem auf eigene Unterlagen und das Privatarchiv von Josef
Heilmaier stützen. Und natürlich ließ er es sich nicht
nehmen, auf der Jubiläumsveranstaltung die bewegte Vergangenheit
der Taufkirchener Jungschützen Revue passieren zu lassen.

Schützengesellschaften zählen wohl zu den traditionsreichsten
deutschen Vereinen. Allein im Taufkirchener Gemeindegebiet gibt es 11
davon. Ihre Vorläufer entstanden vermutlich ab dem 13. Jahrhundert
als Schutzorganisationen von mittelalterlichen Städten und waren ähnlich
wie Zünfte organisiert. In Bayern hatten sie nie direkte militärische
Bedeutung.

Ab Mitte des 19. Jahrhunderts wandelten sie sich in gesellige, bürgerliche
Vereine, deren Schützenfeste zu Volksfesten wurden. Die Wettkämpfe
wurden damals mit Zimmerstutzen und Feuerstutzen, einer großkalibrigen
Waffe, ausgetragen. An die zunftmäßige Organisation der frühen
Schützengesellschaften erinnert noch heute der Titel des Schützenkönigs
für den Vereinsmeister, der für ein Jahr die silberne Schützenkette
verliehen bekommt.

In die Blütezeit für das Schützenwesen in Bayern, die
bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs reichte, fällt auch die Gründung
der Jungschützengesellschaft Taufkirchen. Aus der Anfangszeit sind
wenige Dokumente erhalten. Hauptquelle für Überlieferungen
aus den Jahren 1908 bis 1939 ist ein Kassenbuch. Daraus geht unter anderem
hervor, dass die Aufnahmegebühr bei Gründung 0,50 Mark betrug.
Vereinsschießstätte war der Metzgerwirt mit dem Wirtsehepaar
Daller.

Erhalten sind Namen von Vereinsmitgliedern, nicht aber die der Vorstandschaft.
Feststellbar ist aus der Gründerzeit eine rege Vereinstätigkeit
mit Preisschießen und dem damals sehr beliebten Vortelschießen,
bei dem jeder Gewinner für den nächsten Schießabend wieder
einen Preis – ein Vortel – stiften musste, selbst aber nicht mehr am
Wettkampf teilnehmen durfte. Dadurch kamen viele Schützen zu Ehren.

Der Erste Weltkrieg beendete allgemein die vereinsmäßige
Ausübung des Schützensports, die von den Taufkirchener Jungschützen
erst 1920 wieder aufgenommen wurde.

Das Kassenbuch legt auch Zeugnis ab über die Inflation in Deutschland.
So wurden im Sommer 1923 bei einem kleinen Preisschießen Einnahmen
von 809.000 Mark erzielt, 160.000 Mark für Musik bezahlt. Dieser
Spuk hatte erst im November 1923 durch die Einführung der Reichsmark
ein Ende.

Dass die Jungschützen auch in der Anfangszeit schon zu feiern
verstanden, geht aus einer „Tanzlustbarkeits-Bewilligung“ aus
dem Jahr 1924 hervor. Ein Fest gab es auch 1927 zur Einweihung einer
neuen Fahne. Schließlich baute man 1928 auf dem Kellerberg eine
eigene Schießhalle.

Ab 1935 wurde die Vereinstätigkeit durch die Propagandapolitik
des NS-Regimes stark beeinträchtigt. Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs
kam sie völlig zum Erliegen. Erst 1950, nach Wiederzulassung der
alten Luftgewehre, konnten frühere Mitglieder um Helmut Schlegel
den Verein wieder aufleben lassen.

Seit dieser Zeit gibt es auch Protokolle über Versammlungen, Vereinsämter,
Schießabende und Feste, die in der Chronik von Josef Niedermeier
festgehalten sind. In den folgenden Jahrzehnten waren viele Aktivitäten
zu verzeichnen. Einen Aufschwung erlebte der Verein ab 1965 durch die
Aufnahme von Frauen. Die ließen sich die Aufforderung „Frauen
an den Schießstand“ nicht zweimal sagen. Über viele
Jahre hinweg stellten sie meistens den Schützenkönig. Maßgeblich
geprägt wurde das Vereinsleben von Franz Steinbeißer, der
von 1954 bis 1980 das Amt des 1. Schützenmeisters bekleidete.

Aktueller
Amtsinhaber ist seit 2005 Helmut Zimmer. Der Verein zählt
momentan 105 Mitglieder. Regelmäßige Schieß­abende
finden jeweils dienstags ab 19 Uhr im Gasthaus Weißbräu statt.
Wer Interesse am Schießsport hat, ist herzlich willkommen. Geschossen
wird mit Luftgewehr und Luftpistole auf 10 m Entfernung. Neben der Teilnahme
an der Gemeindemeisterschaft sowie Bezirks-, Landes- bis zu Deutschen Meisterschaften
ist der Verein auch gesellschaftlich im Gemeindeleben aktiv. Weitere Informationen
sind bei Helmut Zimmer, Tel. 08084/8473, erhältlich.