WARUM DER KIRTA NICHT BLIEB

… UND HEUER (VIELLEICHT) ERSTMALS WIEDERKOMMT

Früher war nicht immer alles besser – der Kirta schon. Als der Kirchtag, die Kirchweih, noch das wichtigste und schönste und freudigste Fest des Jahres war. Ist schon über ein halbes Jahrhundert her, und ich selber kanns nur noch aus den Erzählungen meines Vaters wiedergeben. Was war das Besondere am Kirta? Dass man dieses einzige Mal im Jahr essen und trinken durfte, soviel man derpacken konnte. Die härteste Arbeit des Bauernjahres war getan, die Ernte eingebracht, eine Zeit zum Durchschnaufen, Danken und ausgelassenen Feiern.

Vor dem großen Fest wurde auf vielen Bauernhöfen die Kirtasau abgestochen, Enten und Gänse vorbereitet. Die Bäuerinnen buken Brot und Schuxn, während der Bauer mit dem Gäuwagerl beim Bräu ein Fassl Kirtabier holte (oder die Kinder am Samstag eins mit dem Leiterwagl vom Wirt heimzogen).

Kirchweihsonntag. Der Chor sang eine lateinischen Messe, an den Seitenwänden der Kirchen brannten zwölf Kerzenleuchter, es erklang unbedingt „Ein Haus steht fest gegründet“. Die weltliche Feier danach zog sich mindestens drei Tage hin: „A gscheita Kirta dauert bis zum Irta (Dienstag), konn sich aber aa schicka bis zum Migga.“ In den Flezen wurde getanzt und gesungen, der Gramolla spielte dazu. Das Kirtabier war Freibier, und in der Stube drinnen saßen der Pfarrer, der Lehrer, der Mesnergirgl und der Zimmerermeister beim Karteln. Das Kirtabier durfte nie ausgehen, es wäre peinlich gewesen für den Bauern! Tanz und lustige Spiele. „Kirta bleib do!“ lautete ein Spruch aus jener Zeit.

Aber er blieb nicht.

Mit der Technisierung der Landwirtschaft seit den 1950er Jahren verschwanden die Mägde und Knechte, es wurde leerer auf den Bauernhöfen und Dörfern – und der Kirta ging mit ihnen.

Später lebten wir in einem Alle-Tage-Kirta. Wenn alle Tage Kirta ist, dann ist kein Kirta mehr.

Vielleicht erhaschen wir heuer unverhofft doch wieder eine Ahnung von diesen dereinst so unglaublich fröhlichen Tagen: Die Pandemie hat uns gelehrt, dass wir nicht allezeit feiern können, die Energie- und Zeitenwende, dass die Idee vom nie versiegenden Überfluss eine krasse Illusion war, ist und bleibt.

Darum: A gscheita Kirta … Und: Kirta bleib do! _Markus Tremmel