Etwas schlichtere und wohl eher auch männliche Gemüter glauben ja vielleicht immer noch, dass der Altweibersommer so heißt, weil da schon etwas ältere Damen zwar nicht gerade ihren zweiten Frühling, aber zumindest noch ein paar gefühlsmäßige „warme Tage“ erleben würden.
Einmal davon abgesehen, dass dies eine vielleicht doch etwas frauenunfreundliche Sichtweise wäre, würde sich doch zumindest die Frage stellen, warum dies dann gerade im frühen Herbst stattfinden sollte, wenn doch die Tage eher anfangen etwas kühl zu werden. Benutzer von Internet-Suchportalen und ganz allgemein Menschen, die schon seit längerem in ländlichen Regionen sesshaft sind, sind vor solchen Fehleinschätzungen natürlich weitestgehend gefeit.
Für sie wie für alle anderen, denen die Natur und ihre Wunder nahe stehen, besteht natürlich kein Zweifel, dass der Altweibersommer nichts anderes ist als eine meteorologische Singularität. Oder etwas allgemeinverständlicher ausgedrückt: Wenn sich im frühen Herbst respektive späten Sommer über Osteuropa ein Festlandshoch bildet, weshalb dann trockene, kontinentale Luft nach Mitteleuropa einströmen kann, dann haben wir einen Altweibersommer.
Und hier sollte gleich allen Gerüchten widersprochen werden, die behaupten, dass in diesem Jahr der Altweibersommer ausfallen würde, weil Russlands Regierungschef Putin die Ausfuhr von trockener Luft nach Europa stoppen will. Sozusagen als Reaktion auf die EU-Maßnahmen, die die Expansionsgelüste des Kreml-Chefs zügeln sollen. Daran ist nun wirklich nichts wahr. Vielmehr gibt es berechtigte Vermutungen, dass die Ausfuhr von Krimsekt und Kaviar gestoppt wird, was natürlich Hartz-IV-Bezieher besonders hart treffen würde. Aber das nur am Rande.
Fakt ist, dass wieder mal niemand so genau weiß, warum der Altweibersommer gerade „Altweibersommer“ heißt. Eine durchaus etwas romantische, wenn auch leicht chauvinistisch anmutende Erklärung besagt, dass zu Zeiten dieser meteorologischen Erscheinung, bedingt durch die doch schon recht frischen Nächte, morgendlicher Tau die Fäden von Spinnennetzen wie die grauen Haare älterer Damen aussehen lassen würden, die diese beim Kämmen verlieren.
Einmal abgesehen davon, dass das Taktgefühl es wohl verbieten sollte, diese herrliche Zeit mit Haarausfall bei älteren Damen zu assoziieren, würde diese Version in unseren Tagen ja wohl keine Daseinsberechtigung mehr haben. Gibt es doch kaum noch Frauen jenseits der 50er, die naturgegeben graues Haar haben. Warum das so ist, erklärt schon ein einziger Blick in die Regale von Drogerie-Märkten.
Weshalb es wohl eher angebracht ist, ganz einfach dem Spruch eines deutschen Gerichtes aus dem Jahr 1989 zu folgen. Am Landgericht Darmstadt war die Klage einer älteren Dame gegen den von ihr als frauenfeindlich und diskriminierend angesehenen Begriff „Altweibersommer“ abgewiesen worden. Nach Ansicht des Gerichts ist nämlich die Verwendung des Begriffs kein Eingriff in die Persönlichkeitsrechte. Insbesondere, da es ihn schon gegeben hat, als diese Frau und alle anderen noch gar nicht auf der Welt waren.
Man sollte also vielleicht nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen, sondern vielmehr diese letzten, sommerlich anmutenden Tage des Jahres genießen, bevor uns das Herbstwetter mit Regenschauern und frostigen Temperaturen zurück in die Häuser treibt.
pebe