Reformation

… oder der Handel mit Schuld und Sühne

Vielleicht hätte er in unseren Tagen ein Start-up ins Leben gerufen und schon bald ein IT-Unternehmen daraus gemacht, das die Welt verändert, und mit dem er erfolgreich an die Börse gegangen wäre. Doch Martin Luther kam im Jahr 1483 auf die Welt und so verlief sein Werdegang natürlich etwas anders, ohne Start-up und Börsengang. Trotzdem gelang es ihm und ganz ohne World Wide Web, die Welt nachhaltig und bis in weitere Zukunft zu verändern. Aber besser vielleicht der Reihe nach.

Bekanntermaßen in Eisleben geboren und dank der Tatsache, dass seine Familie einen Erbzinshof besaß – für damalige Zeiten also in einem gewissen Wohlstand aufwachsend – wurde ihm eine schulische Ausbildung ermöglicht, von der das Kind eines Handwerkers oder Bauern damals nur hätte träumen können. Soll also keiner sagen, dass diesbezüglich keine kleinen Fortschritte gemacht wurden. Und immerhin studierte er bereits im zarten Alter von 18 Jahren in Erfurt an einer renommierten mitteldeutschen Universität und machte nur vier Jahre später seinen „Magister Artium“. Wovon heutzutage viele Eltern träumen.

Doch dann kam es zu einem Schlüsselerlebnis. Weshalb man sehr vereinfachend und etwas reißerisch sagen könnte, dass letztendlich ein Gewitter der Auslöser war für diese spätere Veränderung der Welt. Jedenfalls brach der junge Martin Luther das gerade begonnene Jurastudium ab und trat in den Orden der Augustiner-Eremiten ein, weil er bei Blitz und Donner und in Todesangst gelobt hatte, Mönch zu werden.

Er wurde zum Priester geweiht, begann das Studium der Theologie, erwarb einen Doktortitel und lehrte als Theologieprofessor fortan in Wittenberg. Was zugegebenermaßen ja nicht unbedingt weltbewegend war. Doch dann geriet ein Dominikanermönch, im Auftrag eines Erzbischofs unterwegs, mit einem Geschäftsmodell ins Visier, das dem Theologieprofessor ausgesprochen missfiel. Dieser Mönch, ein gewisser Johann Tetzel, verkaufte Ablässe, mit deren Erlös die Fertigstellung des Petersdoms in Rom finanziert werden sollte, die in Teilen aber bei den Augsburger Fuggern zur Tilgung von Schulden des Erzbischofs landeten.

Weshalb es just der Zeitpunkt wäre, sich mit Ablässen ausführlich zu beschäftigen. Doch selbst wenn man Luthers Forderung ignoriert, niemals länger als 40 Minuten zu predigen, das Thema ist zu komplex. Auf Twitter-Format gebracht, geht es jedenfalls um Sünde und das Sühnen von Schuld. Und dass Ablässe mit Geldzuwendungen zu tun haben, das gibt es schon sehr lange nicht mehr in der Katholischen Kirche. Das wird heutzutage nur noch in der Autoindustrie so gehandhabt, wobei ersatzweise für Geld auch schon mal ein Software-Update ausreicht.

Aber zurück zu Martin Luther. Auch wenn es nicht als bewiesen gilt, dass er seine 95 Thesen wider den Missbrauch des Ablasses wirklich am 31. Oktober 1517 am Hauptportal der Schlosskirche in Wittenberg angeschlagen hat, was quasi als Geburtsstunde der Reformation und damit der Evangelischen Kirche gilt: Das Internet der damaligen Zeit, der Buchdruck, sorgte jedenfalls dafür, dass bald ganz Deutschland davon wusste. Und wir jetzt ein Lutherjahr haben. Und unter anderem miterleben dürfen, dass sich wieder annähert, was sich damals getrennt hat.

Das sollte Nachahmer finden.

pebe