Von Lerchen und Eulen

Als ob zwischenmenschliche Beziehungen an sich – und zwischen den beiden Geschlechtern sowieso – nicht schon schwierig genug wären. Da hat sich doch irgendjemand auch noch zusätzlichen Konfliktstoff einfallen lassen. Nämlich den klassischen Frühaufsteher einerseits und den notorischen Nachtmenschen andererseits.

Also kommt es beispielsweise zu Fall A: Er schläft jeden Abend und sogar bei der Übertragung von Champions-League-Fußballspielen spätestens um halb Neun vor dem Fernsehgerät ein. Sie kann zu dieser Zeit wirklich noch nicht schlafen, nicht einmal bei Fußballübertragungen, flickt also noch einen zerrissenen Pullover, macht Sudoku, führt ein, zwei Telefonate, weil mit dem Gatten ja eh nicht mehr zu reden ist.

Er aber ist, nachdem er gegen Mitternacht in Trance ins Bett gewankt ist und dort sofort weitergeschlafen hat, morgens um 5 Uhr 32 putzmunter. Denn er ist halt ein Frühaufsteher. Macht also schon mal Toilette unter Benutzung selbiger, duscht, lässt den Wasserkessel pfeifen. Und wenn der Kaffee fertig ist, möchte er natürlich wissen, was in der Welt so passiert. Will sagen, das Radio wird so laut gestellt, dass es mühelos das Rascheln der Zeitung übertönt.

Was dann beim Nachtmenschen, in diesem Fall der Gattin oder Lebensabschnittsgefährtin und selbst in einem Reiheneckhaus natürlich die Nacht- respektive Morgenruhe stört. Ganz zu schweigen davon, dass er ihr dann auch noch gerne – und nachdem sie resignativ aufgestanden ist, obwohl sie eigentlich noch ein halbes Stündchen schlafen könnte – vom neuesten Rettungsschirm erzählt. Worauf sie nur geistesabwesend und müde in der Kaffeetasse herumrührt und sagt: „Aber es regnet doch gar nicht!“

Konfliktbeladen ist allerdings auch folgende Situation: Eine Freundin von ihr lädt für Samstagabend zur House Warming Party ein, was nichts anderes besagt, als dass sie mal wieder umgezogen ist. Und weil er am nächsten Tag mit den anderen „Jungs“ zu einem Auswärtsspiel seines Fußball-Clubs fahren will, geht er mit. Nun gibt es zwei Möglichkeiten:

Erstens: Es ist wieder dieser schwarz gelockte Angeber da, von dem die Gattin behauptet, er sei so humorvoll und geistreich. Weshalb er sofort das Gähnen anfängt und um halb Zehn behauptet, dass er kaum noch die Augen aufhalten könnte. Wohingegen die Gattin selbst um halb Eins noch nicht nach Hause will, weil es doch so „toll“ ist.

Zweitens: Der Schwarzgelockte ist nicht gekommen, dafür aber eine sehr humorvolle und geistreiche Blondine mit einem sehr tiefen Ausschnitt. Weshalb er um halb zwei behauptet, noch gar nicht müde zu sein, wohingegen sie schon um neun Uhr andeutete, dass sie jetzt gleich einschlafen wird.

Was besagt, dass Frühaufsteher oder Nachtmensch zu sein nicht unbedingt ein fester Status ist. Nicht einmal wenn beide in der Phase des verliebt Seins die Nächte durchgemacht haben. Das muss gar nichts heißen. Da können nämlich sehr bald noch ein Nachtmensch und ein Frühaufsteher daraus werden.

Aber es gibt auch einen positiven Aspekt: Wenn beide auch gerne mal was für sich alleine machen, dann ist diese Konstellation keine schlechte Basis für eine Beziehung. Allerdings sollte man es damit nicht auf die Spitze treiben. Wenn man sich nur noch an den Wochenenden und dann zwischen Mittagessen und frühem Abend sieht, dann ist das auch nicht so gut für eine Beziehung.

pebe