AN MARTINI GEHT UNS EIN LICHT AUF …

… DASS HALBE SACHEN AUCH GANZ GUT SEIN KÖNNEN

Kaum ist der Kirta vorbei, gibt’s schon den nächsten Festtagsbraten: die Martinsgans. Die Gans mag das ganz ungerecht finden, denn war sie es der Legende nach doch jene, die im 4. Jhd. den braven Martin verraten hat, als er sich versteckte, um nicht Bischof werden zu müssen. Was ja letztlich ein Segen für die Zeitgenossen war. Freilich, heute sollte die Gans manchmal eher schweigen, wenn’s um eine Bischofssuche geht…

Die gans/ze Wahrheit liegt aber vermutlich ohnehin woanders. Heiligengedenktage markierten als Lostage im Jahreslauf oft Wendepunkte. Martini am 11. November läutete die Adventszeit ein: Am Tag nach dem Heiligen begann einst die 40tägige Fastenzeit vor Weihnachten. Da mochte man vorher noch einmal gscheit essen! Heutzutage ist das irrelevant geworden, was den Gänsen aber auch nicht hilft. Beim Braten obsiegt die Tradition.

Zudem legte man sich um diese herbstliche Zeit die Wintervorräte an, und die bereits gemästeten Gänse auch noch im Winter durchzufüttern wäre zwar ganz im Sinne der Gans, nicht jedoch der Bauern gewesen. Welche außerdem – im Mittelalter – an diesem Lostag ihre Steuern und Abgaben zu zahlen hatten und dies oft in Form von Naturalien taten.

Und Laterne, Laterne? Da fehlt mir die Erleuchtung. Eine Erklärung ist, dass man immer schon gerne seine Heiligen mit Lichterprozessionen gefeiert hat, umso mehr, als es zurzeit in die trübe, dunkle Jahreszeit geht.

Interessant ist, dass auch unsere Kapellen allesamt einen Bezug zu Martin haben. In der Kapelle steckt die lateinische cappa – die Kappe oder ein Mantel mit Kapuze. Buchstäblich findet sich also in der Kapelle der Mantel des Martin. Er hatte ja seinen mantelartigen Soldatenüberwurf der Heiligenvita nach mit einem frierenden Bettler geteilt. Jahrhunderte später sollen dann die fränkischen Könige in den Besitz der Martinsmantelhälfte gelangt sein, und sie haben diese als Reliquie in einem kleinen Heiligtum aufbewahrt: der capella. Im Laufe der Zeit hießen dann alle solch kleinen sakralen Gebäude Kapelle. Der dafür zuständige Geistliche war der Kaplan. Und unsere Musikkapellen waren einst jene Musiker, die in Kapellen sangen oder musizierten.

So mag uns dann jetzt ein Licht aufgehen, wenn wir an einer Kapelle vorbeikommen – dass nur wer teilt, das Ganze hat. _Markus Tremmel