Neu ist die Erkenntnis nun wirklich nicht. Aber gerade in diesen
Tagen wird sie so eindrucksvoll präsentiert wie schon lange
nicht mehr. Nämlich an unseren Tankstellen. Hier erfährt
man am eigenen Leibe respektive Portemonnaie, was in den Nachrichten
noch einigermaßen
abstrakt klingt.
Von einem Rekordhoch zum nächsten eilt dort nämlich der Ölpreis,
und niemand ist da, der jetzt noch von einer vorübergehenden Erscheinung
reden möchte. Auch wenn ein Teil der Preiserhöhungen sicher
Börsenspekulanten zu verdanken ist: In erster Linie liegt es an
der steigenden Nachfrage und der damit einhergehenden Einsicht, dass
uns in absehbarer Zeit sozusagen aus „natürlichen“ Gründen
der Ölhahn abgedreht und damit ein Standbein unserer Energieversorgung
genommen werden wird.
Was zwar auch nicht so ganz neu und unerwartet ist. Gewarnt und Alternativen
gefordert wird schon lange. Aber dank immer mehr Marktwirtschaft in Asien
zum Beispiel und anhaltender Untätigkeit in den traditionellen Industrieländern
hat das, was einst unerschöpflich schien, in Zeitungskommentaren
eine Halbwertszeit von 50 Jahren bekommen. Als erschreckendes Indiz kann
beispielsweise die Tatsache angesehen werden, dass sogar in den USA laut
darüber nachgedacht wird, ob die Autos nicht zu viel Sprit schlucken.
In diesem unseren Lande ist man hingegen schon sehr viel weiter. Und
geschickter. Hier wurden nämlich so genannte 3-Liter-Autos entwickelt.
Dann allerdings lieber Autos mit drei Litern Hubraum und vielen, vielen
Pferdestärken verkauft. Und das ist vielleicht die Krux bei der
ganzen Geschichte mit der teuren Energie. Wer sich prestigeträchtige
SUV-Fahrzeuge und PS-Boliden leisten kann, stöhnt zwar auch über
die steigenden Preise, kann die Mehrausgaben aber locker durch das Abstoßen
einer Auslandsimmobilie auffangen und außerdem bei der Steuer absetzen.
Ein pendelnder Arbeitnehmer wird hingegen bei dieser Entwicklung früher
oder später nur noch mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder
gar nicht mehr an seinen Arbeitsplatz kommen. Die Wochenendausflüge
zu Tante Erna oder ins Erlebnisbad fallen dann natürlich ganz flach.
Mietern und hypothekenbelasteten Reihenhausbesitzern geben Nebenkosten
respektive das Heizöl dann den Rest. Da fallen wohl die wegen hoher
Energiekosten steigenden Lebensmittelpreise gar nicht mehr so elementar
ins Gewicht.
Und das allerschlimmste ist, dass eigentlich niemand, der lesen oder
fernsehen kann, behaupten darf, er hätte es nicht gewusst. Weil
er sonst nämlich alles anders gemacht hätte. Also zum Beispiel
vom Supermarkt bis zur Apotheke – Luftlinie ca. 300 Meter – zu Fuß gegangen
wäre. Oder im Winter auf frische Erdbeeren und ganzjährig auf
sein allradgetriebenes Spaßmobil und die Trips nach New York, Ibiza
und Phuket verzichtet hätte.
Aber es gibt auch gute Nachrichten. Asche, die auf‘s Haupt sich
zu streuen angebracht sein könnte, wird sicher nicht knapp. Denn
es sieht eher so aus, als beabsichtige die Menschheit wieder einmal,
offenen Auges in die mögliche Katastrophe zu marschieren. Respektive
zu fahren, solange es noch einen Tropfen Öl gibt.
pebe