Mein lieber Osterhase

Wir haben es wieder einmal gut getroffen. Während hierzulande Ostern inzwischen eher Weihnachten gleicht, weil Geschenke und Essen und Trinken viele alte Bräuche verdrängt haben, gibt es immer noch Länder, in denen die traditionellen Osterbräuche durchaus noch gepflegt werden. Damit soll natürlich nicht behauptet werden, dass nicht auch bei uns Schokoladen-Nikoläuse zu Osterhasen umgegossen und die Gänse durch Osterlämmer ersetzt werden.

Aber wer praktiziert hier noch den guten alten, bayerischen Brauch, ein hoffentlich hart gekochtes Ei über das Hausdach zu werfen, damit das Jahr über der Blitz nicht einschlägt? Zugegeben, bei Häusern mit vier Etagen und mehr könnte es etwas schwierig werden. Aber das ist noch lange kein Grund, einfach nur im nächsten Baumarkt einen Blitzableiter zu kaufen.

Und was machen sich in anderen Ländern die Menschen eine Mühe, in einem konkreten Fall sogar die Männer. In der Slowakei oder auch in Tschechien verabreichen sie den Frauen nämlich am frühen Morgen erst einmal eine kalte Dusche und schlagen sie mit Weidenruten. Und nachdem jetzt auch dort „Fifty Shades of Grey“ im Kino läuft, wird dieser Brauch wohl in diesem Jahr einen ungeahnten Aufschwung erleben.

Richtig anstrengend kann Ostern auch in Mexiko werden. Dort werden nämlich gerne farbenfrohe Figuren aus Pappmaché verprügelt. Aber besonders hart trifft es hier, wer bei den Osterprozessionen, bei denen Jesus Leidensweg nachgespielt wird, das Holzkreuz tragen darf.

Dass die meisten Osterbräuche heidnischen Ursprungs sind, das wird hingegen in Finnland eindrucksvoll demonstriert. Hier hat schon mancher Osterhase fast einen Herzinfarkt bekommen. Weil nämlich ab Karfreitag die Hexen los sind und einen mörderischen Lärm machen, um den Winter zu vertreiben.

Keinen religiösen Hintergrund dürfte auch ein Brauch auf den fernen Philippinen haben, der vor allem bei den Kindern gefürchtet ist. Heben doch hier die Eltern, während die Osterglocken läuten, ihre kleinen Kinder am Kopf hoch. Damit sie einmal groß und stark werden.

Was aber vergleichsweise immer noch recht harmlos ist, wenn man einen Blick nach Australien riskiert. Denn hier versucht man, ausgelöst von einer jahrelangen Kaninchenplage, den Osterhasen abzuschaffen und durch einen „Oster-Bilby“ zu ersetzen. Der in Wirklichkeit ein Kaninchennasenbeutler und ziemlich hässlich ist.

Was hat es da der Osterhase doch bei uns gut. Nicht nur, dass er sich alle Jahre wieder zu Ostern über Vollbeschäftigung in Werbespots freuen darf. Er darf nach wie vor ein Hase sein und schlägt auch noch auf der Beliebtheitsskala um Ohrlängen den Palmesel. Der früher ganz selbstverständlich zur Prozession am Palmsonntag gehörte, an dem eine Woche vor Ostern des Einzugs Jesu in Jerusalem gedacht wird.

Inzwischen soll es aber in Bayern nur noch eine Gemeinde geben, in der ein Pfarrer auf einem richtigen Esel die Prozession anführt. Es gibt allerdings keine belastbaren Erkenntnisse, ob dies am negativ besetzten Image des Esels liegt oder einfach daran, dass es kaum noch Esel gibt – zumindest in der Tierwelt.

pebe